Zur Anwendung der Methoden der Computerkartographie und der GIS-Technologie auf die kartographiehistorische Analyse

Die Möglichkeiten der Anwendung moderner Methoden auf die kartographiehistorische Forschung wurde oben bereits mehrfach angedeutet, so z. B. in Zusammenhang mit dem Aufbau kartographiehistorischer Datenbänke und Hypermediapakete. Hier soll noch auf einen weiteren Aspekt kurz eingegangen werden, daß die Methoden der Computerkartographie und der GIS-Technologie in die Analyse historischer Karten in bezug auf ihre geometrische Struktur, Aufnahmegenauigkeit usw. ebenfalls einbezogen werden können. Mit diesen Methoden können die traditionellen Verfahren der Kartenanalysen, wie z. B. die Methodik des Kartenvergleichs, die Anwendung von "Verzerrungsgittern" oder die Berechnung der Ortsentfernungen effektiver durchgeführt werden. Beispielsweise kann die Berechnung der Ortsentfernungen auf der Grundlage von Raster- oder Vektordateien automatisch erfolgen. Weiterhin kann man mit automatisch ermittelten Ortsentfernungsangaben eine Datenbank angelegt werden, mit derer Hilfe statistische Berechnungen durchgeführt werden können. Die Ergebnisse können ebenfalls in die Datenbank aufgenommen werden. Durch die Verbindung dieser Datenbank mit der historischen Karte in einem raumbezogenen historischen Informationssystem können die Bestandteile der Datenbank automatisch visualisiert werden. Diese Möglichkeit wird hier am Beispiel einer Genauigkeitsanalyse des Hoinckhusen-Atlas Anmerkung 27 und der Schmettauischen Karte von Mecklenburg-Schwerin Anmerkung 28 demonstriert. Zu dieser Analyse wurde aus dem Hoinckhusen-Atlas die Landkarte VI herangezogen, die etwa das Gebiet zwischen Rostock, Ribnitz-Damgarten, Bad Sülze und Schwaan erfaßt. (Abb. 7) Zunächst wurde ein Dreiecksnezt erstellt, die die benachbarten Orte verbindet. Anmerkung 29 Die Abbildungen 7, 8 und 9 wurden mit GIS-Technologie erarbeitet, wodurch eine automatische Berechnung der Fläche der Dreiecke in der aktuellen Karte und in den beiden oben erwähnten historischen Karten möglich wurde. Die Ergebnisse wurden in einer Datenbank erfaßt. Diese Daten und die Resultate der in der Datenbank erfolgten Berechnungen wurden automatisch visualisiert. Einige der zahlreichen Visualisierungsmöglichkeiten werden in den Abbildungen 10 - 18 gezeigt. Es ist bemerkenswert, daß sogar noch die Schmettauische Karte eine starke räumliche Differenzierung der Verzerrungen aufweist. Die Gründedafür können sehr vielfältig sein, die hier jedoch nicht in einzelnen dargelegt werden sollen. Hier soll lediglich gezeigt werden, wie man bestimmte, durchaus wahrscheinliche Gründe mit mathematischen Mitteln ausschließen kann. So z. B. läßt sich ausgehend von der Entstehungsgeschichte der hier untersuchten Kartenwerke annehmen, daß die historischen Besitzverhältnisse zu der räumlichen Verteilung der Genauigkeit bzw. Ungenauigkeit der Karten beitrugen. Es gibt Indizien dafür, daß für die Kartierung der Domänen, d. h. des herzoglichen Besitzes einfacher zugängliche oder besser aufbereitete Informationen vorlagen als in den Gebieten mit anderen Besitzformen (Ritterschaft, städtischer Besitz usw.). Die Abbildungen 19, 20sowie die Abbildung 21 zeigen jedoch eindeutig, daß diese Annahme unhaltbar ist. Mit der GIS-Technologie lassen sich nicht nur einzelne historischen Karten analysieren, sondern auch komplexe Informationssysteme aufbauen, in denen eine Reihe von historischen Karten eines Landes, eines Gebietes oder einer Stadt erfaßt sind. Damit können dem Kartenvergleich völlig neue Dimensionen verliehen werden.

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