11. August 1968
1785, 12-15 In Vietnam, bei ... Tote, fünfzig Verwundete - Vgl. den Artikel »8 G.I.’s Killed and 50 Wounded In Strafing Error by U.S. Jet« der NYT vom 11.8.1968: »A United States Air Force fighter bomber accidentally strafed American troops in the Ashau valley yesterday, killing 8 men and wounding 50 with rockets and cannon fire, the military command reported yesterday.
The plane, a F-100 Super Sabre jet supporting units of the 101st Air Cavalry Division, fired its cannon and four rocket rounds ›in the vicinity of a U.S. unit‹ near Tabat, an abandoned outpost 375 miles northeast of Saigon.«
Der Pilot hatte den Auftrag, Nachschublinien des Vietcong zu unterbrechen. Es war in den letzten Wochen wiederholt zu solchen Zwischenfällen gekommen.

1785, 12 Tabat - Außenposten, etwa 50km südwestlich von Hue an der Grenze zu Laos.

1785, 12 Ashau-Tal - Im A Shau-Tal südwestlich von Hue nahe der Grenze zu Laos hatten Vietcong und nordvietnamesische Truppen im Vorfeld der Tet-Offensive ein logistisches Zentrum eingerichtet; dort fand im Frühjahr 1968 eine der schwersten Schlachten des Vietnamkriegs statt.

1785, 13 F-100 Sabre (Säbel) - Zusammen mit der MIG 19 war die von der North American Aviation Inc. (gegr. 1928) gebaute einsitzige F-100 Super Sabre das erste Jagdflugzeug, das Überschallgeschwindigkeit im Horizontalflug fliegen konnte. Als Tagjäger spielte sie im Vietnamkrieg eine große Rolle.

1785, 16-20 Über West Virginia ... dem Leben davon - Vgl. den Artikel »32 Die In Plane In West Virginia« der NYT vom 11.8.1968: »A twin-engine Piedmont Airlines plane crashed today just short of a mile-long runway at Charleston’s mountain-top airport, killing 32 of the 37 persons aboard.
Piedmont officials said the plane, a Fairchild turbo-prop FH-227, was making an instrument approach to the 982-foot high airport when it crashed and burned.«

1785, 18 Charleston - Hauptstadt des US-Bundesstaates West Virginia.

1785, 20f. Wir fliegen auch bald - s. 1708, 4.

1785, 23-25 meine besten Freunde ... und Rebecca Ferwalter - s. 24, 37.

1785, 27 Koschere - s.K. 254, 2.

1785, 30 Catskills - s.K. 1153, 3.

1785, 31 Fleishman - Richtig: Fleischmanns; Ort in den Catskills ca. 15km östlich des Pepacton Reservoirs.

1786, 4 die Nazipartei in Deutschland - s.K. 136, 26f.

1786, 10- 1789,20 Meine liebe Mrs. ... Kindergesellschaft, Mrs. Cresspahl - Mrs. Ferwalters Vergangenheitserzählung wird ausgelöst und gerahmt durch die Erinnerung an ein Makronengebäck nach dem Modell der Proustschen Madeleine-Episode; s.K. 8,38-9,2.
Zum dokumentarischen Inhalt der Auschwitzerinnerung und zur Charakterisierung Mrs. Ferwalters vgl. Kleihues (2006), S. 197-221.
Schon im Manuskriptfragment »6868nyhb« sind die jetzt kursiv gesetzten Wörter unterstrichen und am linken Rand mit dem Vermerk »deutsch« versehen; zum Gebrauch dieses »Vernichtungsvokabulars« vgl. Kleihues (2006), S. 208-210.

1786, 11 Passovergebäck - Passover (engl.): Passahfest; s.K. 981, 13.

1786, 16 Im Mai 1944 wurden alle genommen - Die Karpatenukraine, Mrs. Ferwalters Heimat, kam 1939 mit der Auflösung der Tschechoslowakei an Ungarn. Den Juden dieses Bezirks wurde die Einbürgerung verboten. Erste Deportationen von Juden fanden 1941/42 statt, trotz heftiger Proteste der kath. Kirche, gegen die Verfolgung ihrer konvertierten Mitglieder.
Mit dem Einzug der Deutschen im März 1944 begann die systematische Umsetzung der »Endlösung«. Das Land wurde für die Deportationen in sechs Zonen eingeteilt, die Karpatenukraine war die erste, in der Transporte von April bis Juni 1944 zusammengestellt wurden; vgl. Gilbert (1982), Karte 255; Hilberg (1990), Bd. 2, S. 859, 862, 875, 886, 897-906, Mecklenburg (2004), S. 92-94.

1786, 17 Ich hatte einen ... mit katholischer Religion - Viele Juden in dieser Region waren aus Überlebensgründen zum Katholizismus konvertiert; vgl. Hilberg (1990), Bd. 2, S. 781, 790, 862-896.

1786, 20-24 was sind Schwaben ... Das waren Schwaben - Dt. Siedler, die sich im 18. Jh. nach der Vertreibung der Türken an der mittleren Donau in Ungarn, Rumänien und Jugoslawien niedergelassen hatten, wurden allgemein trotz regional unterschiedlicher Herkunft »Schwaben« oder »Donauschwaben« genannt. Die größte Gruppe waren die Banater Schwaben in Südungarn zwischen Theiß, Donau und den Karpaten. Seit 1920 gehörte der größte Teil des Banats zu Rumänien, der Norden zu Ungarn, ein kleiner Teil zu Jugoslawien. Unter den Nachkommen der Kolonisten, »Volksdeutschen«, fand Hitlers Ideologie der »Völkischen Bewegung« viele Anhänger. 60.000 Donauschwaben und Siebenbürger waren Mitglieder der SS, vor allem gegen Ende des Krieges fanden sich viele »Volksdeutsche« in den Wachmannschaften der KZ. In der Wachmannschaft von Auschwitz gab es 1944 etwa 300 Siebenbürger und Donauschwaben; vgl. Hilberg (1990), Bd. 2, S. 859-906, 966f.; Mecklenburg (2004), S. 92-96. Auf die »volksdeutschen Schwaben« könnte Johnson durch die Berichterstattung über den Auschwitzprozeß aufmerksam geworden sein: Die Verteidigungsstrategie des von Magda Szabo (s.K. 1786, 27-1787, 19) belasteten SS-Apothekers Capesius, der sich als ein Siebenbürger ausgegeben hatte, brach zusammen, weil er nicht wie ein »Siebenbürger Schwabe« sprach; vgl. Kleihues (2006), S. 211, Anm. 50; s.K. 789, 32-34.

1786, 25 Siebenbürger - Im 12. und 13. Jh. wurden unter ung. Herrschaft im nordwestrum. Transsilvanien (dt.: Siebenbürgen) Deutsche, vorwiegend Sachsen, angesiedelt. Das Gebiet kam 1691 zum Habsburger Reich, 1920 zu Rumänien. Viele Siebenbürger Sachsen wurden 1944 nach Österreich und Westdeutschland evakuiert oder nach Rußland deportiert.

1786, 27- 1789, 18 Wir kamen nach ... in New York - Die Kursivsetzung der einzelnen Worte kennzeichnet »die Perspektive der befremdeten Zuhörerin Gesine«; vgl. Mecklenburg (1997), S. 306-309.

1786, 27 Auschwitz - s.K. 36, 12; 256, 28.

1786, 27- 1787, 19 Wir kamen nach ... Stiebitz schwieg dazu - Die rumänische Jüdin Magda Szabo war als 25jährige aus Ungarn im Mai 1944 nach Auschwitz deportiert und in die Lagerküche eingewiesen worden. Sie trat am 24.8.1964 beim ersten Frankfurter Auschwitzprozess als Zeugin auf. Ihre Aussage enthält Einzelheiten, die der Erzählung Mrs. Ferwalters ähneln. Magda Szabo hatte Kontakt mit dem Lagerarzt Mengele und berichtete über die SS-Aufseherinnen Herta Stiwitz und Irma Grese. Als Strafe für die Entwendung eines Würfels Margarine aus der Küche wird eine Kollektivstrafe erteilt: »Es war dort ein Haufen Steine, große. Wir mußten die großen auswählen, aufheben und im Kreis laufen, ›schnell, schnell!‹, und mit einem: ›Los, los!‹ sind wir gejagt worden, daß wir schnell gehen sollen. Ich bin damals auch dort gefallen, und ich wollte nicht aufstehen, und meine Kameradinnen dort haben mir hoch geholfen, und wir sind so weitergelaufen.« Auschwitz Prozeß (2004), S. 15609f. Eine Cousine Magda Szabos hatte für eine Bekannte »ein wenig Gries in Wasser gekocht und das hinausgeschmuggelt«, was von der Aufseherin Herta Stiwitz bemerkt wird: »Und sie hat sie gesehen, und man hat sie dorthin, wo die Kohlen waren, die wir unter den Kesseln gehabt haben, vor die Küche hinausgezogen. Und dort hat sie viele Stunden knien müssen. Das war ihre Strafe, und sie sollte auch in ein Strafkommando kommen. Aber wir haben alle so viel gebeten. Und sie hat sie dann nicht weggeschickt. Sie ist dort mit uns geblieben.« Auschwitz Prozeß, S. 15620f. Der 1968 von Rolf Hädrich für die ARD produzierte Film »Mord in Frankfurt« übernahm wörtlich Passagen aus den Zeugenaussagen des Auschwitzprozesses, darunter auch einige von Magda Szabo.

1786, 30 Mengele - Dr. Josef Mengele (16.3.1911-7.2.1979), SS-Arzt in Auschwitz, als Leiter der medizinischen Experimente und Selektionen wesentlich an den Massenmorden beteiligt; lebte nach 1945 unerkannt in Argentinien, Paraguay und Brasilien. Seine Leiche wurde erst 1985 identifiziert.

1786, 35 Dort war eine ... Frau meine Chefin - Mrs. Ferwalter berichtet auch von Mauthausen (s. 46, 28).

1786, 35f. Frau Stiebitz - Im ersten Frankfurter Auschwitzprozeß wurde der Name Stiwitz mehrfach »Stibitz« ausgesprochen; vgl. Kleihues (2006), S. 211, Anm. 49.
Gegen Herta Stiwitz (gest. 1.11.1975) wurde im Vorfeld des Auschwitzprozesses ermittelt, aber keine Anklage erhoben.

1786, 38 Do ti - Diese alle Welt irritierenden zwei Silben wurden in der zweibändigen Taschenbuchausgabe korrigiert in: Do it: (engl.) Mach’s.

1787, 3-7 Einmal wurde sie ... ihr mit Rapport - Vgl. Manuskriptfragment 6868nyhb, S. 68: »Einmal wurde sie unterwegs von einer jüdischen Kapo angehalten: Du stiehlst, du Schwein.
Nicht so wie du.
(Die jüdische Kapo brachte Essen den Männern.)
Du musst wohl bezahlen?
Die jüdische Kapo schlug sie und sagte: Du kommst morgen beim Rapport dran.«
s. 1788, 20: »mit der Kartoffel«.

1787, 4 Kapo - s.K. 1289, 1.

1787, 10 Frau Gräser, die Leiterin des Frauenlagers - Im Manuskriptentwurf vom 6.8.1968 steht bei dem Namen ein Fragezeichen. Irma Grese (7.10.1923-13.12.1945), verließ mit 15 Jahren die Schule und nahm Gelegenheitsarbeiten an, Hilfsschwester in einem SS-Sanatorium; 1937 Mitglied der NSDAP; bewarb sich gegen den Willen ihres Vaters als SS-Helferin, wurde im KZ Ravensbrück ausgebildet und 1943 als SS-Aufseherin in Auschwitz eingesetzt. Als Oberaufseherin war sie seit Ende 1943 für 30.000 weibliche jüd. Häftlinge zuständig. Im Januar 1945 wurde sie kurz nach Ravensbrück versetzt, von März bis April 1945 war sie Arbeitsdienstführerin in Bergen-Belsen. Im Belsen-Prozeß gegen »Josef Kramer und 44 andere« vor dem British Military Court in Lüneburg, 17.9.-17.11.1945, wurde sie wegen sadistischer Mißhandlungen und Ermordungen von KZ-Häftlingen zum Tod durch den Strang verurteilt.

1787, 12 Frau Gräser hatte ... Mädchen lieb gewonnen - In Wieslaw Kielars »Anus Mundi. Fünf Jahre Auschwitz« [1979] 1982, S. 266, werden Irma Grese lesbische Neigungen nachgesagt; Kleihues (2006), S. 203, Anm. 24.

1787, 20 fed up - (engl.) übersetzt im Text.

1787, 23 animals, statt beasts - (engl. und dt.) Tiere statt Bestien.

1787, 24f. you know, some kind of disinfection - (engl.) wissen Sie, eine Art Desinfektion.

1787, 34 In unserer Ecke arbeiteten sieben Krematorien - In Auschwitz-Birkenau gab es vier Krematorien, im Stammlager Auschwitz ein weiteres. Alle Krematorien enthielten Gaskammern, zusätzlich waren in Birkenau zwei provisorische Gaskammern in den Bunkern 1 und 2 eingerichtet wurden, so daß in Auschwitz-Birkenau sieben Gaskammern arbeiteten.

1787, 36 Help, help - (engl.) Hilfe, Hilfe!

1788, 2 Geh-len-au - Als Kriegsgefangenenlager nicht nachgewiesen. Es gibt einen Ort Gelenau [sic], südwestlich von Zschopau im Erzgebirge und ein Gelenau, Lichersdorf bei Kamenz nordöstlich von Dresden; beide Orte hätten auf einer Strecke westlich von Auschwitz liegen können.
Ein Nebenlager des KZs Groß-Rosen hieß Gellenau [sic]: vom 2.3.1943-31.3.1945, ursprünglich ein Zwangsarbeitslager für Juden, bis 1944 dem Sonderbeauftragten des Reichsführers SS für fremdvölkischen Arbeitseinsatz in Oberschlesien Albrecht Schmeldt unterstellt; s.K. 36, 12.

1788, 7 Mauthausen - s.K. 36, 12.

1788, 13 Befreiung (9. Mai) - Die bedingungslose Kapitulation Deutschlands wurde am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst unterzeichnet. In der Sowjetunion und in der DDR wurde der 9. Mai als Tag der Befreiung gefeiert.

1788, 20 mit der Kartoffel - s. 1787, 3: »Eimer mit Suppe«.

1789, 1f. Verwandte ins Feuer ... bei lebendigem Leibe - Als mit den großen Ungarn-Tranporten im Mai 1944 die Kapazität der Verbrennungsanlagen nicht ausreichte, wurden im Freien Verbrennungen durchgeführt, vgl. Auschwitz Prozeß.

1789, 3f. My child, I ... long, eighteen years - (engl.) Mein Kind, ich habe so lange auf dich gewartet, achtzehn Jahre lang!

1789, 15 Preßburg - s.K. 593, 19; 651, 38.