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Datum/Text
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02. August 1968 |
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1694, 2-10 |
Die Times würde ... hat unterzeichnen mögen - Vgl. den Wortlaut des »Soviet-Czech
Communique« in der NYT vom 2.8.1968: »The meeting of the Political
Bureau of the Soviet Communist party's Central Committee and the
Presidium of the Central Committee of the Communist party of Czechoslovakia
was held in an atmosphere of complete frankness, sincerity and mutual
understanding [...].
The meeting of representatives of the Bulgarian Communist party, the Hungarian
Socialist Workers party, the Socialist Unity party of Germany, the Polish
United Workers party, the Communist party of the Soviet Union and the
Communist party of Czechoslovakia will be held in Bratislava on Aug. 3.«;
s.K. 1668, 35-1669, 9.
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1694, 4 |
das Brot gebrochen - Anspielung auf das letzte Abendmahl von Jesus und seinen
Jüngern, von dem Matthäus, Markus und Lukas berichten.
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1694, 7 |
morgen in Bratislava - s.K. 1707, 26-36; Bratislava: s.K. 593, 19; 651, 38.
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1694, 11-14 |
Und wie war ... erbärmlich gegangen sein - Nach der Tabelle zu Temperatur und
Luftfeuchtigkeit in der NYT vom 2.8.1968 wurden Anfang und Mitte Juli
fast 100° Fahrenheit (s.K. 22, 39-23, 1) erreicht; s. 1564, 30.
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1694, 14f. |
Jenen Dienstag, wir ... zur Hälfte entbehren - s. 1561, 1-1564, 27.
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1694, 15 |
Don’t wish your life away - Engl. Redewendung: »Verschwende deine Zeit
nicht mit Träumen«. Hier eher im Sinne von »Bekenne dich zu deinem Leben«
zu verstehen.
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1694, 17f. |
Schach! Schach - »Schach von Wuthenow«, Erzählung Theodor Fontanes, erschienen
1882. Dem Stoff liegt eine wahre Begebenheit aus dem Jahr 1815
zugrunde: Otto Friedrich Ludwig von Schack, Major beim Regiment Gensdarmes,
knüpfte mit Victoire von Crayen, die einer begüterten Hugenottenfamilie
entstammte, ein Verhältnis an. Von Schuldnern bedrängt, schien er sie
heiraten zu wollen. Den Spott seiner Kameraden über die Mesalliance mit der
durch Krankheit entstellten über Dreißigjährigen fürchtend, erschoß er sich
noch vor der Bekanntgabe der Verlobung.
Fontanes Erzählung spielt 1805/06 in Berlin. Der Rittmeister Schach von
Wuthenow verkehrt bei der schönen Frau Josephine von Carayon und deren
Tochter Victoire, sein Interesse scheint vor allem der Mutter zu gelten und
von ihr erwidert zu werden. Ein zufälliges Zusammensein bringt Schach und
Victoire näher, sein Widerwille gegen Victoires von Blatternarben entstelltes
Gesicht scheint überwunden. Die Mutter dringt auf eine Heirat, wozu sich
Schach bereiterklärt, obwohl er, der sehr vom Urteil anderer Menschen abhängt,
den Spott seiner Kameraden fürchtet. Als anonyme Karikaturen über
den Wechsel der Hinwendung von Mutter zu Tochter erscheinen, flieht
Schach am Verlobungstag ohne Abschied auf sein Gut. Frau von Carayon muß
sich an den König wenden, der die Heirat befiehlt. Am Tag nach der Hochzeit
erschießt sich der Rittmeister, Victoire reist nach Italien, wo sie einem
Kind das Leben schenkt.
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1694, 20 |
Arbeitsgemeinschaft Cresspahl/Pagenkopf - s.K. 1577, 11f.
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1694, 38 |
vom 5. Mai 1789 an - Eröffnungsversammlung der Generalstände in Versailles,
in der auch der Dritte Stand, entgegen der Konvention, sich den Kopf bedeckte
und so den Auftakt zur Französischen Revolution gab.
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1694, 38f. |
Theodor Fontanes - Henri Theodor Fontane (30.12.1819-20.9.1898), dt. Erzähler,
Lyriker, Journalist und Kritiker. Mit seinen im Alter entstandenen Romanen
hat er die Entwicklung des realistisch-kritischen Gesellschaftsromans
in Deutschland beeinflußt. Johnsons Erzählen steht den formbewußt angelegten
und historisch detaillierten Romanen Fontanes nahe. In den JT wird
aus folgenden Werken Fontanes zitiert oder auf sie angespielt: »Frau Jenny
Treibel« (s.K. 112, 9-24; 1706, 20; 1706, 34f.); »Von der schönen Rosamunde«
(s.K. 839, 25f.); »Arthur Schopenhauer« (s.K. 839, 28-35); »Archibald
Douglas« (s.K. 840, 5-8; 985, 26); »John Maynard« (s.K. 1451, 28). Weiterhin
wird aus Fontanes Briefen zitiert: s.K. 1695, 4; 1696, 34-1697, 3; 1700, 10f.;
1705, 19-21; 1751, 29-31; 1853, 7. Erwähnt werden außerdem »Schach«
(s.K. 1694, 17f.); »Effi Briest« (s.K. 1695, 14; 1751, 29-31); »Unterm Birnbaum« (s.K. 1698, 18); »Graf Petöfy« (s.K. 1698, 19). Zur Kritik von Lukács
an Fontane: s.K. 1706, 5-7.
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1694, 39 |
Mirabeau - Honoré Gabriel de Riqueti, Graf von Mirabeau (9.3.1749-2.4.1791),
frz. Publizist und Politiker; von 1785-87 verschiedene Aufenthalte in
Berlin, schrieb ein kritisches Werk über den preußischen Staat »De la monarchie
prussienne sous Frédéric le Grand«, 1788; 1789 vom Dritten Stand in
die Generalstände gewählt. Er trat für eine konstitutionelle Monarchie ein,
bemühte sich, da ihm beide Seiten mißtrauten, vergeblich um Versöhnung
zwischen König und Volksvertretung. 1790 Präsident des Jakobinerklubs,
starb kurz nach Ernennung zum Präsidenten der Nationalversammlung. Sein
Tod begünstigte die radikale Entwicklung der Französischen Revolution. Mirabeau
war wie die fiktive Victoire von Blatternarben entstellt; s. 1699, 38;
1706, 28.
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1695, 4 |
car tel est notre plaisir - (frz.) denn so gefällt es uns/denn dies ist unser Wille;
Schlußformel in den Erlassen frz. Könige. »Mein Vater sprach: Car tel est notre
plaisir; zudem war er selbst Apotheker«, Brief Fontanes vom 18.4.1850 an
Gustav Schwab, in: Fontane (1968), Bd. 1, S. 42.
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1695, 13 |
des Kulturbunds - s.K. 1251, 34.
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1695, 14 |
»Effie Briest« - Richtig: Effi Briest, Roman Theodor Fontanes, 1895/96 erschienen.
Effi, die eine Konventionsehe mit einem wesentlich älteren Mann
geschlossen hat, verfällt aus Langeweile und Unerfülltheit einem leichtsinnigen
Liebhaber. Ihr Mann entdeckt den Fehltritt erst nach Jahren. Nicht aus
Leidenschaft, sondern weil er meint, daß es von ihm erwartet werde, fordert
er den Liebhaber zum Duell und tötet ihn. Effi stirbt frühzeitig an Gram und
Einsamkeit. Ähnlich wie im »Schach« geht es um einen rein äußerlich verstandenen
Ehrbegriff; auch hier liegt dem Roman eine wahre Begebenheit
zugrunde; s.K. 1751, 29-31.
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1695, 23f. |
Du sollst dem ... der da drischt ... - ... nicht das Maul verbinden; Redewendung
nach 5. Mose 25, 4.
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1695, 31 |
ne olle Kamelle - (ugs.) eine alte Geschichte. Vermutlich abgeleitet von Kamille,
die nach langer Lagerung Duft und Heilkraft verliert; s. 1704, 38.
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1695, 31f. |
Wer schwängert, der soll auch schwören - s. 164, 37f.
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1695, 35 |
Ackerbürgerei - s.K. 31, 20.
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1696, 4 |
vleich heirådn - (nd.) vielleicht heiraten.
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1696, 7 |
Der König - Friedrich Wilhelm III. (3.8.1770-7.6.1840), seit 1797 König
von Preußen.
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1696, 24-26 |
»In dem Salon ... einige Freunde versammelt ... « - Anfang des »Schach von Wuthenow«; s. 1834, 12f.
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1696, 30 |
Dreikaiserschlacht - Napoleons Sieg über die österr. und russ. Truppen unter
Kaiser Franz II. und Zar Alexander I. am 2.12.1805 bei Austerlitz.
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1696, 34- 1697, 3 |
daß die Behrenstraße ... verbrieften Berliner wohlvertraut - Neben der sozialen
Einordnung des Schauplatzes auch eine Anspielung auf eine Briefstelle Fontanes
(vom 12.8.1882 an seine Frau), in der er seine Verärgerung über eine
Bekannte mitteilt, die die »Schach«-Lektüre deshalb so spannend fand, weil
sie alle Straßennamen wiedererkannt hatte; vgl. Fontane (1968), Bd. 2, S. 72;
Bond (1993a), S. 225; Behrenstraße: s. 1834, 13.
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1696, 36 |
Charlottenstraße - Kreuzt als östliche Parallelstraße der Friedrichstraße in
nordsüdlicher Richtung Unter den Linden und Behrenstraße; s. 1698, 34.
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1697, 1 |
Johann Heinrich Beer - Johann Heinrich Behr [sic] (1647-1717), Mathematiker,
Ingenieur und Baumeister; nahm in kurbrandenburgischen Diensten an
mehreren Kriegen teil, seit 1685 Mathematiklehrer für das Berliner Cadettencorps.
Er wurde 1691 zum Entwurf der östlich des Brandenburger Tors gelegenen
Friedrichsstadt herangezogen, deren Bau er später leitete. Unter ihm
wurden 1696 die Französische, Leipziger, Jerusalemer und die Behrenstraße
gebaut. Er war Mitglied der Königlichen Societät der Wissenschaften und gab
ein Buch über Kriegskunst heraus. Die Behrenstraße war eine bevorzugte
Wohngegend der höheren Stände.
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1697, 2 |
Französische Straße - Berliner Straße parallel zu Unter den Linden, südlich der
Behrenstraße.
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1697, 2 |
Jerusalemer - Berliner Straße in nordsüdlicher Richtung, südöstlich des Deutschen
Doms.
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1697, 3 |
Leipziger - Berliner Straße, verläuft vom Potsdamer Tor nach Osten, kreuzt die
Jerusalemer Straße.
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1697, 13 |
Regiments Gensdarmes - Das Regiment Gensdarmes war ein traditionsreiches,
preußisches Reiterregiment, das 1691 nach frz. Vorbild geschaffen und 1807
nach dem Frieden von Tilsit aufgelöst wurde; s.K. 1697, 18f.; s. 1701, 8, 33;
1703, 14; 1704, 35.
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1697, 17 |
Karls IV. von Frankreich - Karl IV., der Schöne (1294-31.1.1328), Sohn Philipps
IV.; letzter König der Kapetinger.
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1697, 18f. |
Gens d’armes, au ... cavaliers du roi - (frz.) Bewaffnete, im Mittelalter, Soldaten,
Reiter des Königs?
Zunächst adlige Leibgardisten am Königshof, dann die im Heer dienenden
Ritter, seit Ludwig XIV. königliche Haustruppe, schließlich Korps der schweren
Reiterei.
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1697, 19 |
Mayon Âge - Druckfehler, richtig: Moyen Âge; in der zweibändigen Taschenbuchausgabe
korrigiert.
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1697, 30f. |
Herrn Bülow, Adam Heinrich Dietrich v.B. - Dietrich Adam Heinrich Freiherr
von Bülow (1757-1807, nach anderen Quellen 1808), preußischer Offizier,
Schauspieldirektor, Militärschriftsteller; absolvierte die Berliner École militaire,
nahm 1790 seinen Abschied von der Kavallerie, besuchte 1792 und 1795
Nordamerika, wo er als Unternehmer sein Vermögen verlor, kam in London
ins Schuldgefängnis, wurde 1804 aus Paris ausgewiesen. Eine wichtige Quelle
Fontanes war v. Bülows mit beißender Satire geschriebenes Werk »Der Feldzug
von 1805, militärisch-politisch betrachtet«, 2 Bde., Leipzig 1806, für das
er auf Forderung des russ. Gesandten in Berlin und Kolberg gefangengesetzt
und 1807 nach Riga gebracht wurde, wo er im Elend gestorben sein soll.
Seine mathematisch orientierten militärischen Schriften, vor allem sein
Hauptwerk »Der Geist des neuen Kriegssystems«, 1799, beeinflußten die
Kriegswissenschaft.
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1697, 38 |
hic haeret - (lat.) hier stockt es, hier bin ich in Verlegenheit. Cicero, De officiis,
III, 33, 117: »sed aqua haeret, ut aiunt«. Zitiert im VI. Kapitel des »Schach
von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 598.
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1698, 4 |
Schulreform - s.K. 1429, 19f.
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1698, 9f. |
Embonpoint - (frz.) Wohlbeleibtheit, Leibesfülle.
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1698, 10 |
Nonchalance - (frz.) Spielerisch elegante Leichtigkeit; Ungezwungenheit.
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1698, 10 |
Gourmand - (frz.) Vielfraß.
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1698, 11 |
Gourmet - (frz.) Feinschmecker.
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1698, 12 |
Sinumbralampe - (lat.) sine umbra: ohne Schatten.
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1698, 18 |
»Unterm Birnbaum« - Erzählung von Theodor Fontane, 1885 erschienen. Ein
Reisender wird in einem Gasthaus ermordet, aber dem Wirt ist nichts nachzuweisen.
Als er später die Leiche fortbringen will, ereilt ihn ein Herzschlag.
Die Furcht der Gastwirtsfrau vor drohender Armut liefert ein Motiv für das
Verbrechen des Mannes, dessen Mitwisserin sie wird. Ihre Gewissensqualen
führen zu ihrem frühzeitigen Tod.
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1698, 19 |
»Graf Petöfy« - Roman Theodor Fontanes, 1884 erschienen, über eine auf
Illusionen gegr. und deshalb scheiternde Ehe zwischen einem 70jährigen
kath. ung. Aristokraten und einer 32jährigen Schauspielerin aus dem protestantischen
Norddeutschland.
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1698, 24 |
Sala Tarone - »Bei Sala Tarone«, Überschrift des III. Kapitels, ital. Wein- und
Delikatessenhandlung, Unter den Linden 32; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S.
567; s. 1698, 33f.
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1698, 24 |
Tempelhof - »In Tempelhof«, Überschrift des IV. Kapitels; ehemals ein Dorf
südlich von Potsdam, ursprünglich im Besitz des Templerordens, für dessen
Lebensweise Schach Sympathie bekundet; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 574;
s.K. 988, 7f.; s. 1700, 14, 17, 20; 1701, 9.
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1698, 24 |
Wuthenow - »In Wuthenow am See«, Überschrift des XIV. Kapitels; Schloß
Wuthenow ist eine Erfindung Fontanes, vermutlich dem Herrenhaus Wustrau
am Ruppiner See nachgebildet. Der Ort Wuthenow an der Ostseite des Sees
besitzt weder Schloß noch Rittergut; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 640.
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1698, 27f. |
Wanderer, nach neunzehn ... du nach Jerichow - s.K. 517, 24.
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1698, 29 |
»Gneez i.M.« - Gneez in Mecklenburg; s.K. 9, 17.
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1698, 36f. |
Is hier allens ... Pinnen und Nägel - (nd.) Hier ist alles voller Stifte und Nägel.
(Eine Pinne war ursprünglich ein kleiner Holznagel, später auch eine
Reißzwecke.) Zitat aus dem III. Kapitel des »Schach von Wuthenow«; vgl.
Fontane (1962), Bd. 1, S. 567; s. 1699, 3f.; 1781, 2.
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1699, 5 |
Flensburg - s.K. 631, 8.
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1699, 8f. |
Geschichte von Klein ... Pietät und Takt - »Klein Erna ihr Opa ischa nun tot geblieben.
Und wie Mamma ihn aufbahrt, will sie ihm auch das klein Käppi aufsetzen,
damit er auch aussieht wie in Leben. Und sie fummelt und fummelt,
aber das klein Käppi rutscht immer wieder runter von die Glatze ... Da
kommt denn endlich der Herr von Pietät und Takt! Und da sagt Mamma
denn zu ihm: Ach Herr Pietät und Takt, ich fummel und fummel, aber das
klein Käppi will immer nich sitzen, und Opa soll doch aussehen wie in Leben!
Herr Pietät und Takt: Das wolln wir gleich haben, lassen Sie mir mal’n
Augenblick mit die Leiche allein! Und schon nach zwei Minuten holt er
Mamma wieder rein und sagt: Sieh’ so, werte Frau! Und richtig, Opa hat
klein Käppi auf, akkerat wie in Leben! Mamma ischa ganz platt und sagt: Ach,
Herr Pietät und Takt, wie haben Sie das bloß gemacht??? Herr Pietät und
Takt: Das will ich Sie gern verraten ... Klein Tapeziernagel!!!«, Möller
(1950), Bd. 2, S. 28 ff.
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1699, 9 |
verkasematuckelt - (ugs.) erklärt.
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1699, 12f. |
de oll Zick ... ihre Wehdage hat - (nd.) die alte Ziege immer Mutter Kreepsch
dahin stößt, wo sie ihre Schmerzen hat. »Se jloben joar nich, junge Herr, wie
schabernacksch so’n oll Zick is. De weet, as ob se ne Uhr in’n Kopp hätt, ob
et feif is o’r söss’. Und wenn’t söss is, denn wohrd se falsch. Un kumm ick denn
un will ehr melken, joa, wat jloben se woll, wat se dann deiht? Denn stött se
mi. Un ümmer hier in’t Krüz, dicht bi de Hüft. Un worümm? Wiel se weet,
dat ick doa miene Wehdage hebben deih«; Zitat aus dem XIV. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 647f.
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1699, 16 |
Tante Marguerite - Figur aus »Schach von Wuthenow«, Schwägerin der Frau
von Carayon; s. 1700, 12f.; 1703, 5.
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1699, 17f. |
»die das damalige ... geprüntem Munde sprach« - Prünen (nd.): mit gespitztem
Munde (sprechen); Zitat aus dem IV. Kapitel des »Schach von Wuthenow«;
vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 577; s. 1699, 23; 1753, 26, 27.
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1699, 25f. |
We curtseyed - (engl.) Wir knicksten; übersetzt im Text 1699, 24.
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1699, 27f. |
Kapitel 14 - »In Wuthenow am See«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 640-651.
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1699, 29f. |
die Bootsfahrt auf dem See verdarb - Schach, von Unentschiedenheit getrieben,
findet keinen Schlaf und rudert auf den See beim Schloß hinaus, wo er
schließlich im Boot einschläft.
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1699, 34f. |
die letzte Zeile ... vorkommt, auch namenlos - »Von den Offizieren des Regiments
Gensdarmes, die selten an einem dieser Abende fehlten, war nur einer
erschienen, ein Herr von Alvensleben, und hatte neben der schönen Frau
vom Hause Platz genommen unter gleichzeitigem scherzhaftem Bedauern
darüber, daß gerade der fehle, dem dieser Platz in Wahrheit gebühre«; Zitat
aus dem I. Kapitel des »Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1,
S. 555.
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1699, 36 |
Sander - Figur aus »Schach von Wuthenow«; nach dem historischen Johann
Daniel Sander (1759-25.1.1825), Buchhändler, Schriftsteller, Übersetzer von
Perraults Märchen. Sander war mit dem jüngeren Voß befreundet und übernahm
nach dessen Tod die Vossische Buchhandlung. Er korrigierte die erste
Druckfassung von Goethes »Hermann und Dorothea« und verlegte Kotzebue,
wofür er von Goethe verspottet wurde. Die Schriften Bülows aber hat
er nicht verlegt.
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1699, 36 |
von Alvensleben - Alte adlige Familie, aus der im 19. Jh. eine Reihe preußischer
Generäle und Diplomaten hervorging.
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1699, 37- 1700, 1 |
zitiert seinen Mirabeau ... noch reif geworden - »und Mirabeau hatte recht, den
gepriesenen Staat Friedrichs des Großen mit einer Frucht zu vergleichen, die
schon faul sei, bevor sie noch reif geworden«. Zitat aus dem I. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 557. Der Satz stammt
aus der »Histoire secrète de la cour de Berlin« (Geheime Geschichte des Berliner
Hofes, 3 Bde., 1789) und lautet wörtlich: »Pourriture avant maturité, j’ai
grand peur que telle ne soit la devise de la monarchie prussienne.« - (frz.)
Fäulnis vor der Reife, ich fürchte sehr, daß dies die Devise der preußischen
Monarchie ist; Bd. 2, S. 87; vgl. Wagner (1988).
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1699, 38f. |
Friedrichs des Großen - s.K. 667, 3.
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1700, 2 |
nomen et omen - (lat.) Name und Vorbedeutung; aus dem Persa IV, 4, 73 des
römischen Komödiendichters Plautus (um 254-184 v. Chr.). Hier Zitat aus
dem I. Kapitel des »Schach von Wuthenow«. Bülow bezieht es auf das Königshaus
der Hannoveraner und führt die Lüneburger Heide an als einen »Sitz
der Stagnation, eine Brutstätte der Vorurteile«. Die in Hannover und England
regierende Dynastie stammte aus dem welfischen Haus Neu-Lüneburg; vgl.
Fontane (1962), Bd. 1, S. 557.
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1700, 5-7 |
»Europa hätt’ ein ... großen Schaden ertragen ... « - Zitat aus dem I. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«. Bülow spielt auf die Befreiung des von den Türken
belagerten Wien durch Herzog Karl V. von Lothringen und Johann III. von
Polen in der Schlacht am Kahlenberg am 12.9.1683 an; vgl. Fontane (1962),
Bd. 1, S. 558.
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1700, 8 |
Schah - (persisch) König, Titel der persischen Herrscher seit dem 3. Jh. Von
diesem persischen Wort wurde das dt. »Schach« abgeleitet.
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1700, 10f. |
Fontane und die ... Kunst, jemanden einzuführen - Fontane schrieb am 18.3.1890
an Hauptmann Lehnert: »weshalb ich, wie gewöhnlich beim Beginn eines
Romans, auf die Namenssuche ging. Den richtigen, brauchbaren zu finden,
ist oft recht schwer und dauert wochenlang, weil man die schon akzeptierten
immer wieder verwirft. So bin ich schließlich bei Lehnert angelangt
[...]. Sein guter Klang war für mich entscheidend«; vgl. Fontane (1968), Bd. 2,
S. 266f.
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1700, 13 |
seine vielbeseufzte Luise - Luise von Mecklenburg-Strelitz, Königin von
Preußen (10.3.1776-19.7.1810), Mutter von Friedrich Wilhelm IV. und
Wilhelm I.; »vielbeseufzt« bezieht sich auf die Zeit nach der Romanhandlung:
Nach der preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt mußte sie mit
ihren Kindern nach Memel flüchten und versuchte vergeblich, 1807 von
Napoleon bessere Friedensbedingungen zu erreichen. Wegen ihrer Schlichtheit
und der Unterstützung der preußischen Reformer war sie sehr beliebt
und wurde nach ihrem Tode idealisiert (Mausoleum im Charlottenburger
Park mit einem Marmorsarkophag Christian Daniel Rauchs).
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1700, 13 |
Prinz Louis - Louis Ferdinand, Prinz von Preußen (18.11.1772-10.10.1806),
Neffe Friedrichs des Großen, preußischer General, bekannt für seine
musischen Neigungen; fiel 1806 bei Saalfeld als Kommandeur der preußischen
Vorhut. Fontane hat ihm die Ballade »Prinz Louis Ferdinand«, 1857, gewidmet;
s. 1700, 31.
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1700, 13f. |
General Köckritz - Karl Leopold von Köckritz (1744-1821), bis 1810
Generaladjutant Friedrich Wilhelms III. Frau von Carayon nutzt ihre Bekanntschaft
mit Köckritz für eine Audienz beim König.
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1700, 14 |
der Wirt in Tempelhof - Nebenfigur aus »Schach von Wuthenow«.
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1700, 16f. |
die (erfundene) Kirche in Tempelhof - Die Dorfkirche von Tempelhof war ursprünglich
die Templerkirche St. Katharina, eine der ältesten Kirchen Berlins.
Erfunden ist das Grabmal des Templers in der Kirche; IV. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 586; s. 1701, 9.
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1700, 17f. |
die Villa an ... Westlisière des Tiergartens - Schauplatz des VI. und VII. Kapitels
in »Schach von Wuthenow«. Die prinzliche Villa lag etwa in der Mitte zwischen
dem Charlottenburger Schloß und dem Stadtzentrum. Moabit war zur
Zeit der Handlung eine frz. Kolonie, nordwestlich Berlins, am rechten Ufer
der Spree gelegen. Westlisière: Westgrenze; Lisière: (frz. veraltet) Waldsaum,
Rand, Kante.
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1700, 21 |
Schloß und Park Paretz - Dorf und königliches Schatullgut bei Potsdam, Lieblingsaufenthalt
der Königin Luise; Schauplatz des XVI. Kapitels in »Schach
von Wuthenow«.
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1700, 21f. |
Tod in der Wilhelmstraße - Die Wilhelmstraße, benannt nach Friedrich Wilhelm
I., verläuft von Unter den Linden zum Halleschen Tor. Hier befindet sich
Schachs Wohnung. Schach erschießt sich direkt nach der Hochzeit, als seine
Kutsche in die Wilhelmstraße einbiegt; XIX. Kapitel des »Schach von Wuthenow«.
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1700, 24 |
Njemen - s.K. 1183, 18.
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1700, 26-28 |
das liebste Bild ... her angeschwommen kamen - Die Abendgesellschaft beim
Prinzen (VI. und VII. Kapitel des »Schach von Wuthenow«) endet mit einem
Ausblick auf eine Gruppe Schwäne, deren Defilee als Gegendarstellung zur -
letzten - Truppenparade der friderizianischen Armee gesehen wird.
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1700, 27f. |
Charlottenburger Park - Schauplatz des XVII. Kapitels. Charlottenburger
Schloß: 1696-99 von Andreas Schlüter erbaut, die Kuppel von 1705 stammt
von Eosander von Göthe. Der nördlich anschließende Park wurde 1701 von
Eosander von Göthe und Siméon Godeau als barocke Anlage gestaltet, dahinter
liegt ein später von Peter Josef Lenné angelegter engl. Landschaftsgarten;
Charlottenburg: s.K. 595, 7.
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1700, 30f. |
de tout mon cur - (frz.) von ganzem Herzen; Zitat aus dem I. und VIII. Kapitel
des »Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 557, 615.
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1700, 32f. |
»Licht, das mit einem Räuber brennt« - Zitat aus dem VII. Kapitel des »Schach
von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 615.
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1700, 35f. |
Wir sehen ein … eine gehörige solche – Anspielung auf Curt Goetz’ Theaterstück »Das Haus in Montevideo«,
in dem die älteste Tochter einer Kinderschar von zwölf ihrem Vater, einem Oberlehrer, gesteht: »Ich sehe ein, daß
ich Strafe verdient habe, und bitte um eine gehörige solche.« Goetz (1988), S. 18. Kurt Tucholsky zitiert den Satz
in »Die Herren Belohner«, schiebt den Ausspruch aber irrtümlich einem der Söhne zu; in: Die Weltbühne vom 31.1.1931, S. 472.
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1701, 9f. |
Hagenbuttensträucher - Druckfehler in allen Ausgaben, richtig: Hagebuttensträucher.
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1701, 12 |
»Le choix du Schach« - (frz.) Die Wahl Schachs; Überschrift des XIII. Kapitels
des »Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 633.
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1701, 12-14 |
nach Festsetzungen wie ... der Grammatik vorgefallen - Es scheint ein Grammatikfehler
zu sein, aber das zu entscheiden, überlassen wir der Fontaneforschung.
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1701, 15 |
aigrierte - Von frz. aigrir: verbittern, sich ärgern; s. 1706, 13.
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1702, 8 |
und treibet mit Entsetzen Scherz - Anspielung auf Schiller (s.K. 1252, 26), »Die
Glocke«, Vers 365:
Da werden Weiber zu Hyänen
und treiben mit Entsetzen Scherz.
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1702, 18f. |
zweimalige Verwendung des ... der zweiten Person - Schachs Anrede an Victoire
im VIII. Kapitel des »Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1,
S. 617.
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1702, 21f. |
der auktoriale Erzähler - Ein »allwissender« Erzähler; vonf.K. Stanzel erst 1955
geprägter Begriff; Weserich hat ihn 1951 noch nicht kennen können; vgl.
Fries (1990a), S. 51; s. 1705, 10.
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1702, 26f. |
»Aufpasser und Kellner die Kehle zuschnürten« - Zitat aus dem III. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 567.
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1702, 31f. |
der unausweichlichen Ehe ... und der Kirche - »Die Zusammenhänge zwischen
Staat und Kirche werden nicht genugsam gewürdigt; jeder Staat ist in gewissem
Sinne zugleich auch ein Kirchenstaat; er schließt eine Ehe mit der Kirche,
und soll diese Ehe glücklich sein, so müssen beide zueinander passen. In
Preußen passen sie zueinander. Und warum? Weil beide gleich dürftig angelegt,
gleich eng geraten sind«; Zitat aus dem II. Kapitel des »Schach von Wuthenow«;
vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 564.
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1702, 34 |
Lisette - Figur aus »Schach von Wuthenow«, Freundin von Victoire; s.K. 1718, 18f.
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1702, 34f. |
»Deine neue masurische Heimat« - Zitat aus dem V. Kapitel des »Schach von
Wuthenow«; Masuren ist eine Landschaft der ostpreußischen Seenplatte, seit
1945 Polen zugehörig; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 590.
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1702, 39 |
»auf ein bloßes ... des Glücks gesetzte« - Zitat aus dem V. Kapitel des »Schach
von Wuthenow«, Schluß von Victoires Brief an Lisette, sie spielt hier auf ihre
Verunstaltung durch die Blattern an; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 593.
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1703, 2 |
»Möllendorf« - Traditionsreiches preußisches Regiment, benannt nach Richard
Joachim Heinrich Graf von Möllendorf (7.1.1724-28.1.1816), preußischer
Feldmarschall; s. 1678, 4-13.
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1703, 3-6 |
Wenn wir als ... Mittelpunkt gesetzt haben - Vgl. Johnson, Wenn Sie mich fragen,
S. 57: »Zu zählen wären die Beziehungen zwischen den Personen, Vorfällen,
Schauplätzen, Zeiteinheiten, Motiven, Techniken der Substruktur und,
abermals, den Personen.«
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1703, 7 |
Neuen Schule - s.K. 778, 29f.
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1703, 14f. |
Erzählung Salz geliefert ... den Linden veranstaltet - Bezug auf das XI. Kapitel
des »Schach von Wuthenow«: Als Jux organisieren Angehörige des Regiments
im Juli auf einer Lage Salz eine Fahrt von mehreren Schlitten, auf denen sie
ein Theaterstück über Luthers Beziehung zu Katharina von Bora als unzüchtig
parodieren. Abgestoßen durch die Darstellung und persönlich betroffen,
gesteht Victoire ihrer Mutter, daß sie ein Kind erwartet.
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1703, 19 |
pour les domestiques - (frz.) für die Dienstboten. Zitat aus dem X. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 626.
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1703, 20 |
Et pour la canaille - (frz.) übersetzt im Text. Zitat aus dem X. Kapitel des
»Schach von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 626.
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1703, 21 |
Kornett - Fähnrich bei der Kavallerie.
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1703, 23- 1704, 5 |
Inzwischen gingen die ... lasen wir »Schach« - Nach Spaeth liegt eine strukturelle
Anspielung auf J.P. Hebels »Unverhofftes Wiedersehen« vor; Spaeth (1998), S. 91.
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1703, 23 |
Inzwischen gingen die Israeliten ins Land - England, die vom Völkerbund eingesetzte
Mandatsmacht in Palästina, hatte 1939 angesichts der immer stärker
werdenden jüd. Einwanderung eine Immigrationssperre verhängt. Seit 1945
versuchten die dem Holocaust entkommenen Juden gewaltsam die Einreise
nach Palästina zu erzwingen, wobei sie von zionistischen Organisationen unterstützt
wurden. Nach der Mandatsniederlegung der Engländer 1948 und
der Gründung des Staates Israel brach der jüd.-arabische Krieg aus; nach dem
Waffenstillstand 1949 konnten Juden ungehindert einwandern.
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1703, 24 |
»Tiny Tim« - (engl.) Winziger Tim: Figur aus Charles Dickens' »A Christmas Carol«, 1834. Tiny
Tim ist der verkrüppelte Sohn von Bob Cratchit, dem Schreiber des geizigen Scrooge. Wegen seines sozialkritischen Inhalts könnte der kurze Text in den Schulen der DDR gelesen worden sein.
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1703, 27f. |
Axel Ohr wurde ... fünf Jahren Zet - Zet: Zuchthaus; s. 1678, 14-28.
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1703, 28f. |
Jakob hatte in ... paar Lokomotiven bewegt - s. 1660, 5-7.
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1703, 30 |
Ludwigslust - s.K. 544, 23.
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1703, 31 |
Dresden, an der Verkehrstechnischen Hochschule - Hochschule für Verkehrswesen
»Friedrich List«, Dresden, 1952 gegr., mit Sektionen für Verkehrs- und Betriebswirtschaft
und Technische Verkehrskybernetik.
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1703, 32f. |
Jakobs Mutter bekam ... westdeutsche Reise verweigert - s. 1688, 21f.
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1703, 36 |
sideboards - (engl.) Anrichten, Kommoden.
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1703, 38 |
»Petticoat« - s.K. 1676, 33.
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1703, 39 |
Paddington - s.K. 95, 14.
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1704, 1f. |
im Rathaus Richmond ... in zweiter Fassung - Es handelt sich hier sehr wahrscheinlich
um einen Aushang für den »Second World Congress of the Defenders
of Peace« im November 1950 in Sheffield, für dessen Plakat die Lithographie
Picassos »La colombe en vol, IV« vom 9.7.1950 benutzt wurde;
s.K. 1628, 31f.
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1704, 3f. |
die Amerikaner wurden ... die Nase geschlagen - s.K. 1244, 21.
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1704, 11 |
»konsistorialrätlich Feierliches« - Zitat aus dem V. Kapitel des »Schach von
Wuthenow«, in einem Brief Victoires an ihre Freundin; vgl. Fontane (1962),
Bd. 1, S. 591.
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1704, 17 |
Obotritenadel - s.K. 925, 18.
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1704, 39- 1705, 2 |
beauté diable, coquette ... du vrai sentiment - (frz.) die teuflische, kokette, alltägliche,
himmlische Schönheit ... Schönheit, die allein wahres Gefühl erregt.
Leicht verändertes Zitat aus dem VI. Kapitel des »Schach von Wuthenow«, als
Bülow den russ. Zar Alexander I. zitiert, der die Schönen des Berliner Hofes
in diese Kategorien eingeteilt hatte. Bülow möchte die Verehrung für den Zar
relativieren, der statt des politischen Bündnisses anderes im Kopf gehabt habe;
vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 601.
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1705, 3 |
Alexanderplatz - s.K. 976, 11.
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1705, 7 |
Und spricht jener ... Urteil des Autors - Bülow in einem Brief an Sander im XX.
Kapitel des »Schach von Wuthenow«: »daß mich dieser Schach-Fall, der nur
ein Symptom ist, um eben seiner symptomatischen Bedeutung willen aufs
ernsteste beschäftigt. Er ist durchaus Zeiterscheinung, aber, wohlverstanden,
mit lokaler Begrenzung, ein in seinen Ursachen ganz abnormer Fall, der sich
in dieser Art und Weise nur in Seiner Königlichen Majestät von Preußen
Haupt- und Residenzstadt, oder, wenn über diese hinaus, immer nur in den
Reihen unserer nachgeborenen fridericianischen Armee zutragen konnte, einer
Armee, die statt der Ehre nur noch den Dünkel, und statt der Seele nur
noch ein Uhrwerk hat - ein Uhrwerk, das bald genug abgelaufen sein wird«;
vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 678.
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1705, 10 |
Erzähler Allwissend - s.K. 1702, 21f.
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1705, 12f. |
feinsten weißen Wäsche ... Bülow keineswegs exzellierte - Zitat aus dem I. Kapitel
des »Schach von Wuthenow«, aus der Beschreibung Sanders; vgl. Fontane
(1962), Bd. 1, S. 556.
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1705, 19-21 |
»1806; Vor Jena ... Niedergang (Fall, Sturz).« - Aus einem Brief Fontanes an
seinen Verleger Wilhelm Friedrich vom 5.11.1882: »die jetzt vorherrschende
Mode, statt Namen oder Ort eine Sachbezeichnung eintreten und dadurch
den Inhalt erraten zu lassen, find ich nicht glücklich. Aber ich unterwerfe
mich und stelle folgende zur Auswahl: 1806; Vor Jena; Et dissipati sunt, Gezählt,
gewogen und hinweggetan; Vor dem Niedergang (Fall, Sturz). Als zweiter
Titel würde immer folgen: Erzählung aus den Tagen des Regiments Gensdarmes«;
vgl. Fontane (1968), Bd. 2, S. 87f.
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1705, 20 |
Et dissipati sunt - (lat.) Und sie sind zerstreut worden. Aus der Aufschrift einer
engl. Münze, nachdem die span. Armada vom Sturm zerstört worden war:
Afflavit deus et dissipati sunt: Gott blies, und sie wurden (in alle Winde) zerstreut.
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1705, 20 |
Gezählt, gewogen und hinweggetan - Anspielung an die Schriftdeutung des
Propheten Daniel vor Belsazer, vgl. Dan 5,25–28: «Das aber ist die Schrift, allda
verzeichnet: Mene, Mene, Tekel, U-pharsin. Und sie bedeutet dies: Mene, das ist:
Gott hat dein Königreich gezählt und vollendet. Tekel, das ist: man hat dich in einer
Wage gewogen und zu leicht gefunden. Peres, das ist: dein Königreich ist zerteilt und
den Medern und Persern gegeben.« s. 1739,39–1740,1.
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1705, 24 |
Weil ein Personenname ... ehrlichste Ankündigung ist -Vermutlich Anspielung auf
Thomas Manns Essay »Bilse und ich«, in dem dieser in einem »Gespräch über
Büchertitel« mit einem »jungen deutschen Schriftsteller von Ruf« sagt: »Wissen Sie -
eigentlich sind doch alle Titel, außer den Eigennamen, kolportagehaft«;
vgl. Mann (1974), Bd. X, S. 14.
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1705, 25 |
Th. Mann - s.K. 1683, 14-18.
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1705, 37f. |
den Schluckauf, den ... Partizip des Präsens - »In dem Salon der in der Behrenstraße
wohnenden Frau von Carayon«, Anfang des I. Kapitels des »Schach
von Wuthenow«; vgl. Fontane (1962), Bd. 1, S. 555.
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1706, 1f. |
Zeitschrift aus der ... sie, oder Sinn - »Sinn und Form«, Beiträge zur Literatur,
begründet von Johannes R. Becher und Paul Wiegler, seit Oktober 1950 im Auftrag der Deutschen Akademie der Künste der DDR herausgegeben, erscheint zweimonatlich seit 1949. Diese bedeutendste Literaturzeitschrift der DDR war für ihr weltoffenes Programm bekannt
und aufgrund der begrenzten Auflage oft »Mangelware«. Die Hefte trugen in der Mitte einen farbigen Papierstreifen mit der Inhaltsangabe. Der erste Chefredakteur war Peter Huchel.
Vgl. Johnsons Brief an Fritz Rudolf Fries vom 28.2.1983: »Einmal hat Thomas Mann dieser Zeitschrift etwas geschrieben, einen Brief zum Geburtstag etwa, und wünschte Form und Sinn ein Gedeihen, und wegen des Absenders musste das ohne Korrektur gedruckt werden. Es war ganz unentschieden, ob da Altersschwäche oder Ironie im Spiel war oder im Ernst.«
Johannes R. Becher hatte mit einem Anschreiben vom 21.12.1948 das erste Heft von »Sinn und Form« an Thomas Mann geschickt, der in seinem Dankschreiben vom 4.2.1949 Becher zu der Ausgabe beglückwünscht - und sie beim rechten Namen nennt, vgl. Becher (1993), S. 356. Aus diesem Brief wird in einem Prospekt zum 5. Jubiläum der Zeitschrift 1954 zitiert - ohne daß der Titel genannt wird. In Heft 2/1955, S. 669-676, brachte die Zeitschrift Auszüge aus Briefen Thomas Manns, in keinem wird der Titel erwähnt, weder falsch noch richtig. Hingegen findet sich der Titel vielfach in Thomas Manns Tagebüchern, zweimal in verdrehter Form: So am 20.12.1949: »In der Zeitschrift ›Form und Sinn‹, beste der Ostzone und wohl Deutschlands«; Mann (1991), S. 140, und am 5.4.1955: »Gelesen in ›Form u. Sinn‹: Eisner interessant über Schönberg«; Mann (1995), S. 333.
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1706, 4 |
Fachmann für sozialistische ... in der Literatur - Georg Lukács (13.4.1885-4.6.1971),ung. Philosoph und Literaturwissenschaftler; trat 1918 der Kommunistischen
Partei bei, 1919 Volkskommissar für Unterrichtswesen in der Räterepublik,
emigrierte in die Sowjetunion, wo er sich dem orthodoxen Marxismus
zuwandte; 1946 Prof. für Kulturphilosophie und Ästhetik in Budapest.
Da er 1956 Kulturminister der Regierung Imre Nagy war, wurde er nach der
Niederwerfung des Aufstands aus der Partei ausgeschlossen und nach Rumänien
deportiert, später begnadigt. Lukács nahm bis 1956 eine Monopolstellung
in Fragen der Literatur und Ästhetik ein. Seine Realismusauffassung, die
er, von Hegel ausgehend, aus den ästhetischen Normen der Klassik und des
bürgerlichen Realismus entwickelte, wurde als überzeitlich gültige Theorie
des soz. Realismus gesetzt. Ein Kunstwerk sollte das »Allgemeine«, das »Gesetzliche«
der Wirklichkeit in der Form des »Besonderen« widerspiegeln, es
sollte formal organisch und geschlossen sein. Abweichungen von diesen Prinzipien
galten als Sakrileg, als Formalismus; s. 1706, 27.
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1706, 5-7 |
die Erzählung sei ... »absichtslos«, sei »unbewußt« - Lockenvitz’ Zusammenfassung
gibt die Ansichten Lukács’ wieder, die zitierte Passage findet sich allerdings
nicht in »Sinn und Form«. In einer späteren Fassung des Aufsatzes findet
sich die Formulierung »Geschenk des Zufalls«: »In einem Brief an seinen
Verleger, in dem er die Frage des Titels behandelt, schreibt er über die Periode
unmittelbar vor Jena: Denn schließlich war die Zeit lange nicht so
schlecht wie sie gemacht wird [...]. Hier sieht man, wie wenig bewußt, wie
spontan, Zufällen preisgegeben ein so bewußter Schriftsteller wie Fontane in
dieser Frage der Thematik, des einem Thema innewohnenden Gehalts war.
Schach von Wuthenow ist ein Geschenk des Zufalls«; vgl. Lukács (1964),
S. 452-498. In der Version des Aufsatzes in »Sinn und Form« 3, 1951,
Heft 2, S. 44-93, fehlt der Absatz (auf S. 88); vgl. Bond (1993a), S. 223f.
Vom Widerspruch zwischen der bewußten politischen Haltung Fontanes
und dem kritischen Gehalt seiner Kunst ist allerdings in Lukács’ Schrift
»Deutsche Literatur im Zeitalter des Imperialismus« die Rede; vgl. Lukács
(1946), S. 16f.
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1706, 14f. |
jenen Vers ausgesprochen ... Knie, sonst nichts - Anspielung auf Christian Morgensterns
»Das Knie« (aus den »Galgenliedern«):
Ein Knie geht einsam durch die Welt.
Es ist ein Knie, sonst nichts!
Es ist kein Baum! Es ist kein Zelt!
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Im Kriege ward einmal ein Mann
erschossen um und um.
Das Knie allein blieb unverletzt -
als wärs ein Heiligtum.
Seitdem gehts einsam durch die Welt.
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Es ist kein Baum, es ist kein Zelt.
Es ist ein Knie, sonst nichts.
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1706, 20 |
»Frau Jenny Treibel« - Roman Theodor Fontanes, 1892 erschienen. Jenny, aus
kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend, hält sich für eine Idealistin, aber
widersetzt sich der Heirat ihres Sohnes mit einem mittellosen Mädchen;
s. 1706, 34.
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1706, 31 |
französichen - Richtig: französischen; der Druckfehler ist in der zweibändigen
Taschenbuchausgabe berichtigt.
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1706, 32 |
Panthéon - (frz., griech.) ursprünglich Bezeichnung für die Gesamtheit der
Götter bzw. ein ihnen geweihtes Heiligtum; hier: Ehrentempel in Paris; als
Kirche Sainte-Geneviève 1764-90 erbaut, ab 1791 zur Gedächtnis- und Begräbnisstätte
nationaler Persönlichkeiten umgebaut.
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1706, 33 |
Dein Herwegh - Georg Herwegh (31.5.1817-7.4.1875), dt. Journalist und
Schriftsteller, seine »Gedichte eines Lebendigen«, 1841 und 1844, die die
Machtstrukturen und Ungerechtigkeiten in Deutschland angriffen, machten
ihn in ganz Deutschland bekannt. Nachdem er König Friedrich Wilhelm IV.
in einem Brief beleidigt hatte, wurde er aus Preußen ausgewiesen. Im April
1848 führte er eine Truppe dt. und frz. Arbeiter im Badischen Aufstand an,
die bei Schopfheim eine schwere Niederlage erlitt. Herwegh floh in die
Schweiz, wo er bis zu seiner Amnestie 1866 verblieb.
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1706, 34f. |
Herwegh wird an ... ohne Erbarmen behandelt - Herwegh wird als »Hauptsünder«
jener Autoren hingestellt, die den alten Werten keinen aufrichtigen Respekt
zollen, woraufhin Jenny Treibel erzählt, daß sie sich als junges Mädchen
für ihn begeistert habe. Sie zitiert die Anfangszeile des Gedichts »Aufruf« und
fügt die Überlegung an, daß seine »patriotischen Grundsätze« doch »sehr anfechtbar«
seien. Schließlich lobt sie ihn, wo er kein Politiker, sondern nur
Dichter ist. Vogelsang erwähnt seine unrühmliche Rolle im Badischen Aufstand:
»Aber wer sich, als es galt, durchaus nicht verbluten wollte, das war der
Dichter selbst. Und so wird es immer sein. Das kommt von den hohlen, leeren
Worten und der Reimsucherei. Glauben Sie mir, Frau Rätin, das sind
überwundene Standpunkte. Der Prosa gehört die Welt«; vgl. Fontane (1962),
Bd. 4, S. 318f.
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