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Datum/Text
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31. Juli 1968 |
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1680, 20-24 |
Die New York ... eines Nachrichtenwertes entbehrend - Das Foto aus der NYT
vom 31.7.1968 zeigt einen Hubschrauber von unten, an dem ein paar Kisten
baumeln, die Bildunterschrift lautet: »A helicopter near the DMZ in South
Vietnam getting started on a supply run to Marine hilltop outposts. Little activity
in the area was reported yesterday.« Johnson hatte über seinen Ausschnitt
geschrieben: »P.K.-Foto ohne Nachrichtenwert«.
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1680, 25-31 |
Die Herren des ... Sowjets, blau lackiert - Vgl. den Artikel »Two Sides at Cierna
Talks Keep Their Distance« der NYT vom 31.7.1968: »After a long day of
discussion with their Czechoslovak counterparts, the leaders of the Soviet
Union were reported to have stamped out of the two-story [sic] Junction
Club in Cierna at 10:30 last night and boarded their train.
They looked angry [...].
The leaders of the two countries thus far have failed to take a single meal
together. At meal breaks, each delegation has gone its separate way - the
Russians to their green train pulled up in the Cierna station across from the
railwaymen’s social center - the Junction Club - and the Czechoslovaks to
their blue train nearby«; s.K. 1668, 35-1669, 9.
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1680, 25 |
Kreml - s.K. 138, 39.
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1680, 25 |
Hradschin - s.K. 938, 2.
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1680, 25 |
Kosice - s.K. 1358, 33.
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1680, 32- 1681, 2 |
Die Pravda, das ... Verweilen im Lande - Der Auszug aus dem »Neuen Deutschland«
stand nicht in der »Prawda«, sondern in der »Iswestija« (russ. Neuigkeit).
Aus dem Artikel »Letter Attributed to Prague Workers Backs Soviet« der NYT
vom 31.7.1968 ist nicht ersichtlich, ob es sich bei dem Bericht des »Neuen
Deutschlands« um den schon am 28.7.1968 erwähnten Text (s.K. 1657, 25-30) handelt: »A letter attributed to Czechoslovak workers urging
that Soviet troops be stationed in their country was printed today by Pravda,
the Soviet Communist party newspaper.
The letter, bearing 98 signatures, criticized widespread demands in Czechoslovakia
that Soviet soldiers, lingering after Warsaw Pact Maneuvers, leave the
country. [...]
In an effort to underline the letter’s authenticity, the paper published a photographic
reproduction of the signatures, by workers at the Auto-Praha factory
in a Prague suburb. [...]
Izvestia [...] reprinted a dispatch from the East German party organ Neues
Deutschland. It said that counterrevolution need not take the form of street
fighting and public execution of Communists, as in Hungary in 1956.
To an observer walking along the streets, life might seem quiet and normal,
the dispatch said. In the ideological and political background, there are events
and even changes in the points of view of the leadership revealing counterrevolutionary
tendencies. The methods of counterrevolution need not always
be the same. They can change.«; s.K. 1876, 23-28; Pravda: s.K. 190, 29.
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1681, 2 |
einen Verweilen - Druckfehler in allen Ausgaben (diesmal nicht aus der NYT
übernommen), richtig: ein Verweilen.
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1681, 3-7 |
Und ein Stadtrat ... und Lexington aushalten - Vgl. den Artikel »Low Lives the
Life of a Slum Tenant« der NYT vom 31.7.1968: »City Councilman Robert
A. Low, who masquerades in various roles to learn at first-hand about jobs and
living conditions, disclosed yesterday that he had been living in East Harlem
tenements for a week to learn about life in the slums.
Mr. Low, a Manhattan Democrat who represents the Upper East Side [...]
posed as a writer named Bob Lowell while living at 111 East 119th Street,
between Park and Lexington Avenue. [...]
Mr. Low [...] said he had seen no rats in the building in which he lived at
111 East 119th Street, but he had observed many roaches.
I don’t think the rats could stand the building, he said.«
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1681, 13f. |
der emaillierten Darstellung verschlungener Hände - Das ovale Abzeichen der SED;
die Hände vor einer roten Fahne sollten die Vereinigung von KPD und SDP
versinnbildlichen; s.K. 1361, 10f.; s. 1715, 35; 1823, 15f.; 1844, 31f.
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1681, 18-20 |
an der geklebten ... sie denn marschieren - s.K. 1669, 39-1670, 1.
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1681, 30f. |
den Wartestand als...ein volles Jahr - Für eine Lehrerin der John-Brinckman-Schule, die als eine Vorlage für Bettina Selbich gesehen wird, wurde nach dem Prozeß gegen einige Schüler (s.K. 1713, 24-1721,16) die Verleihung der vorgesehenen Auszeichung »Verdienter Lehrer des Volkes« ausgesetzt; vgl. Moeller (1999), S. 90; s.K. 1649, 4.
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1682, 12 |
die Schüssel - Druckfehler, richtig: die Schlüssel.
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1682, 18 |
Zentrale Schulgruppenleitung - s.K. 1559, 16f.
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1682, 22f. |
Unter den Krallen ... Picassos gesträubter Taube - s.K. 1628, 31f.
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1682, 23 |
Lockenvitz und Gollantz - Muß heißen: Siebold und Gollantz, Lockenvitz geht weiter zur
Schule; s. 1682, 28.
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1682, 24f. |
Universität Rostock - 1419 gegr., älteste Universität im Ostseeraum. Johnson
studierte hier 1952-54 Germanistik.
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1683, 2- 1683, 20 |
Als erstes Mitglied ... von Canterbury - Es war in der DDR der fünfziger Jahre
üblich, bei Versammlungen ein Ehrenpräsidium zu wählen, in dem nicht anwesende
(und z.T. auch verstorbene) Personen saßen.
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1683, 6f. |
die Erschließung des Großen Nördlichen Seeweges - Der zeitweilig nach Stalin benannte
Weißmeer-Ostseekanal von Bjelomorsk durch den Wyg- und Onegasee
nach Leningrad ist 227km lang, hat 19 Schleusen und ist sechs Monate
im Jahr vereist. Er wurde 1931-33 hauptsächlich von Strafgefangenen gebaut,
von denen mehrere Hunderttausend bei den Arbeiten starben. Der Kanal
wurde am 2.8.1933 eröffnet.
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1683, 7f. |
Trockenlegung der Sümpfe der Kolchis – Die Kolchida-Niederung beidseitig des Flusses Rioni in
Georgien versumpfte durch jährliche Überschwemmungen und wurde zum Brutgebiet der Malariamücke. Seit
Mitte der 30er Jahre wurden der Rioni und seine Nebenflüsse eingedämmt, Mäander begradigt, Ableitungskanäle
angelegt und Eukalyptusbäume gepflanzt, so dass in der Ebene Zitrusfrüchte und Tee angebaut werden konnten;
vgl. www.interpraevent.at [Zugriff vom 26.7.2011].
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1683, 9f. |
des genialen Werkes ... Fragen der Sprachwissenschaft - Johnson besaß zwei Ausgaben
des 1950 zuerst auf dt. erschienenen Werkes: Josef Stalin: Der Marxismus
und die Fragen der Sprachwissenschaft, Berlin (Ost) 61955 sowie Josef
Stalin: Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft und N. Marr: Über
die Entstehung der Sprache, München 1972. »Genial« und »weise« waren stereotyp
gebrauchte Attribute für Stalin; s.K. 1659, 6-11; s. 1815, 1f.
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1683, 11 |
Boleslaw Bierut - 18.4.1892-12.3.1956, Drucker, poln. Politiker; seit 1918
Mitglied der KP, seit 1921 für die Komintern tätig; 1933 in Polen zu sieben
Jahren Gefängnis verurteilt; nach der dt. Besetzung im sowj. Exil, 1943 Mitbegründer
der Polnischen Kommunistischen Arbeiterpartei, 1944 Vorsitzender
des Nationalrates, 1947-52 Staatspräsident, 1952-54 Ministerpräsident,
seit 1948 Vorsitzender und seit 1954 1. Sekretär der Polnischen Vereinigten
Arbeiterpartei.
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1683, 13f. |
Den Genossen Mao ... des Genossen Stalin - s.K. 161, 25.
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1683, 14-18 |
Schriftsteller Thomas Mann ... den Knopflöchern scheint - Thomas Mann (6.6.1875-12.8.1955)
hielt Gedenkreden zu Goethes 200. Geburtstag am 25.7.1949
in Frankfurt am Main (»Ansprache im Goethejahr«) und am 1.8.1949
in Weimar (»Goethe und die Demokratie«). Letztere wurde von vielen kritisiert,
darunter auch von Eugen Kogon mit einem »Offenen Brief«, angesichts
der Tatsache, daß Buchenwald wieder zum Lager geworden war und Mann
darüber bei seinem Weimar-Aufenthalt geschwiegen hatte (s.K. 1687, 15-17). Der Goethe-Nationalpreis der DDR und die Ehrenbürgerwürde wurden ihm 1949 in Weimar verliehen, die dazugehörige Geldprämie spendete Mann für den Wiederaufbau
der Weimarer Herderkirche. Johannes R. Becher feierte ihn als
einen Bekämpfer des »Antibolschewismus«; vgl. SBZ (1956), S. 107; vgl. auch:
Johnson, Lübeck habe ich ständig beobachtet; s.K. 1685, 7-21.
In JT finden sich Zitate und Anspielungen aus folgenden Werken Thomas
Manns: »Buddenbroocks« (s.K.
16, 20-18, 20;
86, 32f.;
305, 4-310, 37;
415, 3;
504, 10f. ;
691, 22 ;
1591, 32); »Zauberberg« (s.K.
124, 17;
204, 15;
510, 23f.;
524, 28f.;
524, 37-525, 1;
897, 16-19;
1000, 20f.)
»Königliche Hoheit« (s.K.
39, 3;
114, 37f.;
124, 17;
137, 2); »Tonio Kröger« (s.K.
415, 3;
1374, 2-18;
1415, 34-36;
1462, 17-1463, 1;
1664, 7); »Kleiner Herr Friedemann«
(s.K. 415, 3); »Tristan« (s.K.
1287, 25-1288, 6); »Versuch über Schiller«
(s.K. 1374, 2-18);»Die Forderung des Tages« (s.K.
1394, 9); »Vision« (s.K.
1591, 32); »Wälsungenblut« (s.K.
1591, 32); »Bilse und ich« (s.K.
1705, 24).
Das Foto 183-30557-0008 des Bundesarchivs von 1955 zeigt vermutlich Uwe Johnson unter den Zuhörern von Thomas Manns Rede zum Schiller-Jubiläum am 14.5.1955 in Weimar; vgl. Schmidt (2011).
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1683, 15 |
seinen verstorbenen Bruder - Heinrich Mann (27.3.1871-12.3.1950), dt.
Schriftsteller; emigrierte 1933, erhielt 1949 den ersten Nationalpreis der
DDR für sein Gesamtwerk und wurde zum Präsidenten der Akademie der
Künste (Ostberlin) ernannt, starb vor seiner geplanten Übersiedlung in die
DDR.
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1683, 16 |
Goethe-Nationalpreises - Goethe: s.K. 1397, 28; Nationalpreis: Höchste Auszeichnung
in der DDR für Einzelpersonen und Kollektive, die für wissenschaftliche
wie für »hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Kunst
und Literatur« verliehen wurde; 1949 gestiftet, Geldprämie je nach Klasse
100.000, 50.000 oder 25.000 DM. (»Das Geld ist ja ganz schön, aber die Schande«, Volksmund);
s.K. 1819, 38; s. 1816, 26.
Später nie mit dem Zusatz »Goethe« nachweisbar; vermutlich anläßlich des
200. Geburtstags Goethes einmalig so benannt.
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1683, 18-20 |
Den Verfasser des ... Dekan« von Canterbury - Hewlett Johnson (25.1.1874-22.10.1966),
engl. Theologe; Studium der Naturwissenschaften (und Dissertation
über Wasserbau), später der Theologie; 1905 Priesterweihe; Hg. der für
radikale Ideen bekannten Zeitschrift »The Interpreter«; 1924 Domdechant
von Manchester, 1931 von Canterbury. Obwohl er wegen seines Talents als
Prediger und seines sozialen Engagements angesehen war, wurde er wegen
seiner politisch linken Einstellung (er wurde »Red Dean« genannt) von der
Kirche kritisiert. Er wandte sich trotz der Berichte über Terror und Schauprozesse
nicht von der KPdSU ab, saß im Vorstand der komm. Zeitung »Daily
Worker«. Sein weit verbreitetes Buch »The Socialist Sixth of the World«,
1939, berichtet begeistert über sowj. Errungenschaften. Er wurde 1951 mit
dem Stalin-Friedenspreis ausgezeichnet; mußte 1963 als Dekan zurücktreten.
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1683, 31-33 |
Der verbrecherische Einmarsch ... die nördliche Republik - s.K. 1244, 21.
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1683, 37-39 |
dem neugewählten Generalsekretär ... Einheitspartei W. Ulbricht - Auf dem III. Parteitag
(20.-24.7.1950) gewählt; s.K. 993, 8.
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1684, 1 |
Sachwalter - s.K. 993, 8; 1138, 30.
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1684, 4 |
Kreikemeyer und Konsorten - Willi Kreikemeyer (11.1.1894-31.8.1950), Maschinenschlosser;
1918 USPD, 1919 Spartakusbund, 1919 KPD, seit 1924
KPD-Funktionär, Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg. Kreikemeyer und
seine frz. Frau Marthe hatten im unbesetzten Teil Frankreichs eng mit Noel
H. Field zusammengearbeitet und vor allem Kommunisten mit Geld und Lebensmitteln
unterstützt (u.a. auch den späteren Leiter des Ministeriums für
Staatssicherheit Erich Mielke). Vielen halfen sie bei der Ausreise nach Mexiko
und in die USA. Ende Januar 1946 nach Berlin zurückgekehrt, stieg Kreikemeyer
schnell bei der Deutschen Reichsbahn auf: seit dem 21.2.1946 persönlicher
Referent des stellv. Generaldirektors der Deutschen Reichsbahn,
21.5.1946 Oberreichsbahnrat und Personaldezernent der Reichsbahndirektion
Berlin, 1.10.1946 Vizepräsident, 1.3.1947 Präsident der Reichsbahndirektion
Berlin, 20.1.1949 Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn für die
SBZ/DDR. Im Zusammenhang mit der Noel-Field-Affäre wurde er auf Beschluß
des ZK aus der SED ausgeschlossen. Der vermutlich auf den 24.8.1950
rückdatierte Beschluß wurde am 1.9.1950 im »Neuen Deutschland« veröffentlicht.
Am 25.8.1950 verhaftet, beging Kreikemeyer angeblich am 31.8.1950
Selbstmord in der Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für
Staatssicherheit Berlin-Hohenschönhausen; nach anderen Zeugenaussagen
war er 1951 noch am Leben; vgl. Kießling (1998), der das spurlose Verschwinden
darin begründet sieht, daß er Erich Mielke hätte gefährlich werden
können. Mielke gab in seiner offiziellen Biographie stets an, während des
Krieges auf der Seite der Roten Armee im Osten gekämpft zu haben, obwohl
er sich tatsächlich in Frankreich aufgehalten und dort u.a. für die Organisation
Todt gearbeitet hatte.
Zeitgleich mit Kreikemeyer waren die Funktionäre Paul Merker, Bruno
Goldhammer, Lex Ende, Leo Bauer und Maria Weiterer aus der SED ausgeschlossen
worden. Bruno Fuhrmann, Hans Teubner, Walter Beling und Wolfgang
Langhoff wurden aller ihrer Funktionen enthoben.
Bauer, Mitglied der KPD seit 1928, war nach dem Krieg Vorsitzender der hessischen
Landtagsfraktion und Chefredakteur des Deutschlandsenders gewesen.
Er hatte mit Hilfe Erica Glasers Hans Mayer aus der Schweiz zurückgeholt
und ihm in Frankfurt a.M. eine Anstellung verschafft. Bauer wurde als
US-Agent und »Renegat« zum Tode verurteilt, zu Arbeitslager begnadigt, am
20.10.1955 in den Westen abgeschoben, er starb an den Folgen seiner Haft
in Sibirien. Vgl. Fricke (1982), S. 94f.; DER SPIEGEL 6.7.1950, S. 7-8; 6.9.1950,
S. 5f.; s.K. 1684, 4f.; 1685, 27-32;
1685, 32f.;
1685, 34f.; 1685, 36-1686, 2;
1686, 4-7.
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1684, 4f. |
amerikanischen Provokateurs Noel H. Field - Druckfehler: Der Punkt hinter »Noel« wurde erst in der einbändigen Ausgabe entfernt. Noel Haviland Field (23.1.1904-15.9.1970), Jurist, Quäker; gründete als Student einen Weltfriedensbund, Kriegsbeobachter des amerik. State Department im Spanischen Bürgerkrieg;
rettete als Leiter des Unitarian Service Committee (USC) der Unitarischen
Kirche beim Genfer Völkerbund einer Vielzahl von Flüchtlingen das Leben;
hatte Kontakte zum amerik. Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS)
und dessen Chef Alan Welsh Dulles (7.4.1893-29.1.1969), einem Studienfreund,
zum Zwecke der Information und Unterstützung des dt. Widerstandes
gegen die Nazis. Er verteilte die Gelder des »Antifaschistischen Flüchtlingskomitees«.
Nach Kriegsende halfen er und seine Pflegetochter Erica
Glaser, die beim OSS als Übersetzerin angestellt gewesen war, mit Unterstützung
der amerik. Behörden, komm. und sozialdem. Emigranten nach
Deutschland zurückzuholen (»Koordinationsstelle für Nachkriegshilfe«), und
organisierten medizinische Hilfe für Ostblockländer. Field, der sich Kommunist
nannte, ohne Parteimitglied zu sein, fürchtete, vor dem Senatsausschuß
zur Untersuchung »unamerikanischer Umtriebe« (s.K. 1129, 25) angeklagt
zu werden. Ob er nach Prag flüchtete oder gelockt wurde, ist unbekannt, er
wurde dort Ende April 1949 verhaftet, ebenso seine dt. Frau Herta am 26.8.
Sein Bruder Hermann wurde in Polen verhaftet, wo er bis 1954 gefangen
blieb. Seine Pflegetochter wurde am 26.8.1950 in Ostberlin verhaftet, 1952 zum
Tode verurteilt, in der Sowjetunion 1953 zu 15 Jahren Strafarbeit begnadigt; bis
zu ihrer Freilassung 1956 verlegte sie in Workuta Eisenbahnschienen. Field wurde am
11.5.1949 nach Budapest gebracht. Um seine Unschuld zu beweisen, stellte
er eine Liste mit 562 Namen auf, viele davon Kommunisten, was im Juni/Juli
1949 eine Verhaftungswelle auslöste. Er gestand nach Verhören und Folterungen,
ein amerik. Spion zu sein. Nach dem Vorbild der Schauprozesse gegen Traicho Kostow,
Laszlo Rajk, Tibor Szönyi und Rudolf Slánský, den komm. Führern in Sofia, Budapest und Prag, wurde er angeklagt, eine Verschwörung gegen die
UdSSR angezettelt zu haben. Field und seine Frau wurden fünf Jahre getrennt
in Zellen im Keller einer Budapester Villa gefangengehalten und am 17.11.
1954 mit der Erklärung freigelassen, die gegen sie erhobenen Beschuldigungen
seien nicht zu rechtfertigen gewesen. (Allein Kontakt zu den Fields war
für Dutzende ein für eine Verurteilung ausreichender Beweis für Spionage
und Verschwörung gewesen.) Sie erhielten eine großzügige Entschädigung
und baten in Ungarn um politisches Asyl. Field verurteilte den Aufstand von
1956 als Konterrevolution und wurde 1957 Mitglied der ungar. komm. Partei,
zahlte aber seit August 1968 keinen Beitrag mehr. Vgl. Wallach [Erika Glaser] (1969); Fricke (1979),
S. 586; DER SPIEGEL 6.9.1950, S. 5f.; 1.11.1950, S. 5f.; 26.12.1956,
S. 36-41; »Das Neue Deutschland« vom 24.8.1950; »Noel Field - der erfundene
Spion«, Dokumentarfilm von Werner Schweizer, in Zusammenarbeit
mit René A. Zumbühl und Thomas Grimm, Susi Koltai und Kathrin Plüss,
Schweiz 1996: Arendt (2004), S. 110, 113.
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1684, 8-10 |
Interview des westdeutschen ... neuen deutschen Truppe - Das Interview mit Jack
Raymond, dem Deutschlandkorrespondenten der NYT, erschien am 18.8.1950,
in dem »Adenauer von der Notwendigkeit [...] einer starken deutschen
Verteidigungskraft sprach, um die Volkspolizei-Einheiten, die offensichtlich
die Grundlage für eine echte Angriffsmacht seien, erfolgreich abwehren
zu können. Doch einige Stunden später wurde er ganz konkret: er
bat die drei Hochkommissare, ihm den Aufbau einer Abwehrtruppe, einer
Verteidigungsmacht, zu gestatten, die er bis zum Frühjahr 1951 [...] in
Form einer freiwilligen Formation bis zu einer Gesamtstärke von 150000
Mann zu errichten gedenke«; vgl. Baring (1982), S. 145; Adenauer: s.K. 116, 12f.;
Wiederbewaffnung: s.K. 1731, 1-5.
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1684, 11f. |
Wir sind die Junge Garde - Text: Heinrich Arnolf, Melodie: Zu Mantua in Banden,
1844.
Dem Morgenrot entgegen, ihr Kampfgenossen all,
bald siegt ihr allerwegen, bald weicht der Feinde Wall.
Mit Macht heran und haltet Schritt!
Arbeiterjugend will sie mit?
Wir sind die junge Garde des Proletariats.
(und so noch sechs weitere Strophen)
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1684, 16f. |
mit ihrer Neugier ... Marschrichtung der F.D.J. - s.K. 1669, 39-1670, 1.
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1684, 20f. |
diversija - (russ.) 1. Ablenkungsmanöver, 2. Sabotage; lat. diversitas: Verschiedenheit,
Unterschied, Widerspruch; diversus: u.a. feindlich, abweichend.
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1684, 37 |
Smoekbarg - s.K. 1434, 16.
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1684, 39 |
Dänschenhagen - s.K. 1432, 14.
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1685, 3 |
Domhof - s.K. 1434, 1.
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1685, 4f. |
über die Pfarrwiesen ... Pappelreihen vorm Stadtsee - Mit den Pfarrwiesen könnten
die Domwiesen zwischen Stadt und Sumpfsee gemeint sein. Von einer
oberen Wohnung konnte man in den sechziger Jahren bis zum Sumpfsee
sehen.
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1685, 7-21 |
Thomas Manns Unterschrift ... Stockholmer Aufruf gesetzt - Das Zitat 1685,
11-21 entstammt einem Brief Thomas Manns vom 3.4.1951 an die Redaktion
des »Aufbau«; vgl. Mann (1974), Bd. 3, S. 198. In einem Brief an den Verlagsunternehmer
Arnoldo Mondadori vom 19.5.1950 hatte Thomas Mann
geschrieben: »Wenn ich den Stockholmer Antrag gegen die Atombombe unterzeichnete,
so geschah es, weil er mir nicht als kommunistisch, sondern als
eine rein humanitäre Aktion dargestellt wurde«; vgl. ebd., S. 151. Der letztere
Brief trägt folgende Anmerkung: »Gedächtnisfehler; de facto hatte T.M. es abgelehnt,
den Antrag zu unterzeichnen. Siehe auch Brief vom 3.IV.1951«; vgl.
ebd., S. 527. Johnson hatte beide Briefe, aber nicht die Anmerkung angestrichen.
Vgl. auch Thomas Mann, »Ich stelle fest«, in: Mann (1974), Bd. XI,
S. 796f.
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1685, 7f. |
Stockholmer Appell - Vom Ständigen Komitee des Weltfriedenskongresses
wurde am 19.3.1950 der als »Stockholmer Appell« bezeichnete Aufruf aufgesetzt,
Atomwaffen zu bannen. Hintergrund war das beginnende atomare
Wettrüsten: Am 23.8.1949 hatte die Sowjetunion ihre erste Atombombe
gezündet, im Januar 1950 der amerik. Präsident den Bau einer Wasserstoffbombe
angeordnet. Im Juni 1950 sollten schon über 100 Mio. Unterschriften
gesammelt worden sein, obwohl, nachdem die »Prawda« erläutert hatte,
wie sie den Appell interpretierte, einige ihre Unterschrift zurückzogen
(s.K. 1724, 34-1725, 13); vgl. DER SPIEGEL 27.7.1950, S. 13f.; s. 1685, 13, 21;
1822, 36.
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1685, 21 |
© Katja Mann - s.K. 116, 25.
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1685, 21 |
Katja Mann - Katharina Mann, geb. Pringsheim (24.7.1883-25.4.1980),
Tochter des Mathematikprofessors Alfred Pringsheim, jüd. Herkunft; heiratete
Thomas Mann am 11.2.1905; sie hatten sechs Kinder. Katja Mann war
schon zu Thomas Manns Lebzeiten für Verlagskontrakte, Interviews, Manuskript-
und Bücherbegutachtung zuständig; »Meine ungeschriebenen Memoiren«, 1974.
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1685, 24 |
Unitarier - Besonders in den USA verbreitete Sekte, die das Trinitätsdogma ablehnt
und nur Gott als Vater anerkennt, ihre Anhänger vertreten ein liberales,
rationales Christentum.
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1685, 27-32 |
Im Mai 1949 ... seine Zusage zurück - Am 21.5.1949 begann ein Streik der
in Westberlin lebenden Eisenbahner, da SMAD und Reichsbahn es ablehnten,
ihren Lohn in Westmark zu zahlen. Am 2.6.1949 lehnten die Eisenbahner
das Angebot von 60% des Lohnes in Westmark ab, der Streik endete am 28.6.1949
mit der Zusicherung von 60% in Westmark und Nichtmaßregelung der
Streikenden. Für mehrere Monate zahlte der Westberliner Magistrat 40%
des Lohnes in Westmark; vgl. DER SPIEGEL 6.9.1950, S. 6f.; SBZ (1956),
S. 103-105; Berlin (1962), Mai bis Juni 1949; s.K. 1685, 34f.
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1685, 32f. |
Ein Toter bei ... auf seine Kappe - In Berlin (1962) ist mehrmals von Verletzten
die Rede, z.B. S. 251: »22.5.[1949]: Am Bahnhof Charlottenburg kommt es
zu Auseinandersetzungen zwischen Bahnpolizei, streikenden Eisenbahnern
und der Bevölkerung, bei denen sieben Personen zum Teil lebensgefährlich
verletzt werden.« Am 23.5.1949 kam es zu Zusammenstößen am Bahnhof
Zoo: »Gegen Abend kommt es zu schweren Auseinandersetzungen, bei denen
der fünfzehnjährige Bernhard Neumann aus Charlottenburg durch einen
Kopfschuß getötet wird«, ebd., S. 255.
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1685, 34f. |
Am 28. Mai ... Rache zu unterlassen - Vgl. Berlin (1962), S. 262f.: »28.5.[1949]:
Der Generaldirektor der Reichsbahn in der sowjetischen Besatzungszone,
Willi Kreikemeyer (SED), teilt in seiner Antwort an Oberbürgermeister Prof.
Reuter mit, daß vom 1. Juni 1949 an für alle Leistungen der Reichsbahn in
den westlichen Sektoren ausschließlich DM (West) entgegengenommen werde.
[...] Zugleich werde die Reichsbahn ab 1. Juni 1949 bis zur endgültigen
Klärung der Berliner Währungsverhältnisse den Westberliner Eisenbahnern
mindestens 60% ihrer Bezüge in DM (West) auszahlen.« Zum 31.5.1949,
S. 266, heißt es: »Die Reichsbahndirektion Berlin wird außerdem gegen die
streikenden Arbeiter und Angestellten keine Repressalien ergreifen«; s.K. 1685, 27-32.
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1685, 36- 1686, 2 |
Ende Juni brach ... sie verschmäht hatten - Vgl. Berlin (1962), S. 312:
»29.6.[1949]: Die Reichsbahndirektion Berlin (RBD) entläßt fristlos einen
Tag nach Wiederaufnahme der Arbeit entgegen den eigenen und sowjetischen
Zusagen 380 Angestellte und Arbeiter oder versetzt sie in Dienststellen
der sowjetischen Besatzungszone. [...] Sie begründet diese Maßnahme mit
der bereits während des Streiks durchgeführten anderweitigen Besetzung dieser
Berliner Arbeitsplätze. Außerdem teilt sie 800 Arbeitern und Angestellten
mit, daß sie Löhne und Gehälter in Zukunft nur in DM (Ost) erhalten werden,
da die RBD während des Streiks ihren Sitz aus der amerikanischen in
den sowjetischen Sektor verlegt habe, Willi Kreikemeyer (SED) streitet gegenüber
Bürgermeister D. Friedensburg jede Kenntnis von diesen Vorgängen
ab, will jedoch diese Angelegenheit überprüfen.«
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1686, 3f. |
Verfassung, die ein ... zu achten vorgab - Artikel 41 der Verfassung der DDR vom
7.10.1949: »Jeder Bürger genießt volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die
ungestörte Religionsausübung steht unter dem Schutz der Republik«;
s. 1848, 21f.
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1686, 4-7 |
er versprach den ... die Fahrten ab - Am 31.7.1949 trafen sich 18.000 Zeugen
Jehovas aus der SBZ und Berlin zu einer Bezirksversammlung in der Berliner
Waldbühne. Vgl. Berlin (1962), S. 353: »31.7.[1949]: In einer Entschließung
protestierten die Zeugen Jehovas gegen die Verbote und Einschränkungen
ihrer Gottesdienste, gegen die religiöse Hetze und die Diffamierung ihres
Glaubens in der sowjetischen Besatzungszone sowie gegen die Willkürmaßnahmen
des Generaldirektors der Reichsbahn in der sowjetischen Besatzungszone,
Willi Kreikemeyer (SED), der die seit langem versprochenen und
bereits vollbezahlten zwölf Sonderzüge für die Fahrt nach Berlin im letzen
Augenblick absagte.«
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1686, 5 |
Zeugen Jehovas - 1878/79 als »Ernste Bibelforscher« von Charles Russell gegr.
apokalyptische Sekte, die für 1914 den Anbruch von Gottes 1000jährigem
Reich voraussagte. Josephf. Rutherford reorganisierte seit 1917 die Sekte, gab
ihr den Namen »Zeugen Jehovas« und verpflichtete alle Mitglieder zum missionarischen
Felddienst. Zukünftiges Heil ist von unbedingtem Gehorsam
und propagandistischem Eifer abhängig. Die Zeugen Jehovas lehnen alle
christlichen Kirchen, aber auch Militärdienst und Wahlbeteiligung ab. Im August
1950 begann in der DDR eine Hetzkampagne gegen die Glaubensgemeinschaft,
da sie die Wahlen als Schiebung oder Diktatur bezeichneten, und
eine Verhaftungsaktion setzte ein. Am 4.9.1950 verbot das Oberste Gericht
die Sekte, da ihre Tätigkeit Kriegs- und Boykotthetze (s.K. 1630, 14) sei. Am
4.10.1950 begann ein Schauprozeß gegen Sektenmitglieder vor dem Obersten
Gericht in Berlin mit lebenslänglichen Strafen in mehreren Fällen. Die
Zeugen Jehovas blieben bis zum 30.4.1960 verboten, in dieser Zeit waren
3.159 »Bibelforscher« verhaftet und verurteilt worden, nach 1960 noch etliche
wegen »Wehrdienstverweigerung«; vgl. Fricke (1964); S. 97f.; Fricke
(1979), S. 241-243, 580; s.K. 1793, 34-38; s. 1793, 35.
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1686, 8 |
O.S.S. - Office of Strategic Services, amerik. Geheimdienst, aus dem später
die C.I.A. (s.K. 536, 30) hervorging.
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1686, 9 |
bedripst - (nd. ugs.) bedrückt.
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1686, 14 |
Club der Carola Neher - s.K. 340, 29; 340, 32f.
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1686, 16 |
die drei Gelehrten - s. 340, 34f.
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1686, 19-23 |
Was den westdeutschen ... 1950. Eisenhower - Adenower - s.K. 116, 12f.
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1686, 22 |
nordatlantischen Vertrag - s.K. 42, 16f.
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1686, 22f. |
Eisenhower - s.K. 386, 3-5.
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1686, 24-30 |
Was den Präsidenten ... für seine Minderwertigkeit - DER SPIEGEL vom 6.11.1948,
S. 9f., berichtet über Truman: »Ueber den zweiten Vornamen konnten
sich Trumans Eltern nicht einigen. Der Vater war für Shippe (der Name des
Großvaters väterlicherseits), die Mutter für Salomon (Großvater mütterlicherseits).
Keiner der beiden Elternteile wollte nachgeben. So wurde schließlich
S. daraus.« Über seine vielen Jobs heißt es: »Der Farmerssohn aus dem
Mittelwesten, der nach dem Besuch der höheren Schule und mancherlei Gelegenheitsarbeiten
(u.a. Laufbursche, Zeitungspacker, Buchhalter und Eisenbahnkontrolleur)
zehn Jahre lang die väterliche Farm bewirtschaftete«;Truman:
s.K. 1133, 36.
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1686, 32 |
»Tag der Aktivisten« - Nachdem der Bergmann Adolf Hennecke (25.5.1905-22.2.1975)
eine Parteihochschule besucht hatte, wurde er von Oberst
Tulpanow (s.K. 1371, 12f.) ausgewählt, der dt. »Stachanow« zu werden.
Durch eine sorgfältige technische Vorbereitung und Auswahl eines besonders
günstigen Stollens konnte Hennecke am 13.10.1948 in der Grube »Karl
Liebknecht« (des früheren Steinkohlenwerkes »Gottes Segen«) bei Zwickau
sein Tagessoll mit 24,4m³ Kohle um 387% übererfüllen. Das gab den Anstoß
zur Aktivistenbewegung. Die Konzeption dieser Wettbewerbsbewegung
wurde im Gesetz der Arbeit vom 19.4.1950 festgelegt. Der Titel »Verdienter
Aktivist« konnte im Jahr an bis zu 600 Personen verliehen werden und war
mit einer Prämie von 1.000 Mark verbunden.
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1686, 35f. |
Die Verwaltung von ... der Einheitspartei übergeben - Die Verwaltungsfunktion
der SMAD (s.K. 1059, 18f.) wurde schon am 10.10.1949 aufgelöst und auf
die Provisorische Regierung der DDR übertragen.
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1686, 38- 1687, 3 |
Am 15. August ... Hundert noch dazu - Die Wahlen zur Volkskammer, zu den
Land- und Kreistagen und den Gemeindevertretungen fanden nach einer
Nationalen Einheitsliste nicht im August, sondern am 15. Oktober 1950 statt.
Beteiligung: 98,44%, Ja-Stimmen: 99,7%. Die Wähler wurden aufgefordert,
ihre Wahlzettel offen zu übergeben, in einigen Wahllokalen fehlten Umschläge
bzw. Wahlkabinen; vgl. SBZ (1956), S. 140.
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1687, 1 |
Volkskammer - s.K. 1628, 11-15.
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1687, 4 |
die Prozesse in Waldheim - Nach der Auflösung der sowj. Straflager Anfang 1950
wurden die Häftlinge entlassen oder, wenn sie als NS-Verbrecher galten, an die DDR-Justiz übergeben. Vom 21.
April bis Anfang Juli 1950 wurden in 20 Sonderstrafkammern des Landgerichts Chemnitz in Schnellverfahren 3385 (nach anderen Quellen 3308) Urteile gefällt. Die Verhandlungen fanden in der Krankenabteilung des Zuchthauses Waldheim (Sachsen) statt. Sie wurden von der Rechtsabteilung des ZK der SED geplant und kontrolliert, die politische Zuverlässigkeit der Richter war vom Justizministerium überprüft worden. Grundlage der Verfahren war die dt. Übersetzung der in russ. Sprache abgefaßten Protokolle, die Anklageschriften erhielten die Angeklagten am Abend vor der Verhandlung. Zeugen und Öffentlichkeit waren nicht zugelassen, ein Offizialverteidiger wurde nur bei Anklage auf Todesstrafe hinzugezogen. Wahrscheinlich wurden nur zehn Verhandlungen öffentlich als Schauprozesse im Waldheimer Rathaus abgehalten. Die »anderen Urteile ergingen fast nur auf der Grundlage sowjetischer Protokolle, die nicht weiter überprüft wurden, und zwar meistens wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 von 1945 und einer Kontrollratsdirektive Nr. 38 von 1946 auf der Grundlage des Befehls 201 der SMAD. […] Die Richter waren angewiesen, Urteile unter fünf Jahren nur zu erlassen, wenn vorher eine Kommission zugestimmt hatte, zu der Vertreter des Zentralkomitees, des Justizministeriums und der Volkspolizei gehörten. Nur vier Angeklagte wurden freigesprochen, 32 zum Tode verurteilt und die meisten zu Freiheitsstrafen zwischen 15 und 25 Jahren […] Viele Verhandlungen dauerten nur eine halbe Stunde. Viele Angeklagte […] sind nur wegen ihrer Mitgliedschaft in NS-Organisationen verurteilt worden« Wesel (2001), S. 507. Von den 32 Todesurteilen wurden 24 am 4.11.1950 vollstreckt, sechs wurden in Freiheitsstrafen umgewandelt; vgl. Fricke (1979), S. 205-215; s.K. 1687, 35-1688, 1.
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1687, 15-17 |
Thomas Manns Familie ... Sachverwalter im Juli - Der Brief Thomas Manns »An den Herrn Stellvertretenden Ministerpräsidenten Walter Ulbricht« (s.K. 993, 8) befindet sich nicht in der von Erika Mann herausgegebenen Briefausgabe des Fischer-Verlags. Er wurde zwischen dem 10. und 15. Juni 1951 geschrieben, in »DIE WELT« vom 15.6.1963 gekürzt und erstmals vollständig in der »Neuen Rundschau« 101, Heft 2, 1990 veröffentlicht. Der Brief wird auch als Reaktion auf die Vorwürfe, 1949 bei der Entgegennahme des Nationalpreises in Weimar, Buchenwald nicht aufgesucht zu haben, gesehen (s.K. 1683, 14-18). Im Oktober 1952 wurden etwa 1600 der durch Sondergerichte Verurteilten begnadigt, wozu das Schreiben beigetragen haben soll. Es ist nicht beantwortet worden.
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1687, 18-34 |
Zehn Verhandlungen etwa ... Sie Ihre Macht ... - In einer längeren Einleitung erklärt Thomas Mann, daß er eher einen Rat geben als bitten
wolle und um des Friedens in der Welt willen schreibe. Er sei kein Kommunist,
aber auch kein Anti-Kommunist und überzeugt, daß der Kommunismus
den Frieden wolle und deshalb dem Humanismus Vorschub leisten sollte. Da
der Kommunismus mit dem Faschismus die Idee eines totalitären Staates teile,
müsse er, um »jede Möglichkeit der Gleichsetzung und geflissentlichen Verwechselung
auszuschließen [, ...] formlose Grausamkeiten meiden, die ihn
äußerlich, für das Auge, aber das heißt: praktisch, auf das Niveau des Faschismus
herabsetzen«. Er kommt dann auf die Waldheimer Prozesse zu sprechen,
auf die sich der erste Teil des Zitats bezieht. Thomas Mann bittet anschließend
namentlich für sechs Verurteilte um Gnade, deren Angehörige ihn angesprochen
hatten und deren Vergehen er als unwahrscheinlich, Mitläufertum oder
zu hart bestraft darstellt. Er endet, an seinen Ausgangspunkt anknüpfend, mit
der Mahnung, daß in einer Zeit der Angst und Spannung zwischen zwei
Machtblöcken alles getan werden müsse, um »Haß und Furcht zu mindern«
und so den Frieden zu erhalten. Hier folgt der zweite Teil des Zitats - ohne
die an anderer Stelle mehrfach gesetzte Anrede, mit dem Schluß: »um diesen
Gnadenakt herbeizuführen! Darum bittet, das rät Ihnen ein alter Mann, in
dessen Denken und Dichten die Idee der Gnade längst bestimmend hineinwirkt.
Das deutsche Wort gnadenlos hat einen eigentümlich doppelten Sinn.
Es bedeutet zugleich unbarmherzig und unbegnadet. Unbegnadet ist der
starre Wahn, allein die ganze Wahrheit und das Recht auf unerbittliche Grausamkeit
zu besitzen. Wer aber Gnade übt, der wird Gnade finden. Ihr sehr
ergebener (gez.) Thomas Mann«; vgl. Neue Rundschau 2/1990, S. 5-11; Mann (1997), S. 211-218. Die im Roman zitierten Ausschnitte finden sich auch bei Deuerlein (1971),
S. 118f.
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1687, 35- 1688, 1 |
Aber der Sachwalter ... und der Tschechoslowakei - Walter Ulbricht hatte für die Waldheimer Prozesse gefordert: »Urteile unter zehn Jahren dürfen nicht gefällt werden«; Wesel (2001), S. 508. Einerseits sollte die Verfolgung von NS-Tätern demonstriert werden, andererseits getestet werden, wie weit die SED die Justiz politisch beinflussen konnte.
Die prominentesten Opfer der Schauprozesse waren in Bulgarien Traicho Kostow, in Ungarn Laszlo Rajk und Tibor Szönyi und in der Tschechoslowakei Rudolf Slánský (s.K. 1415, 11f.); Ulbricht:
s.K. 993, 8;
Sachwalter: s.K. 1138, 30; 1687, 4.
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1688, 6 |
Vadding - (nd.) Koseform zu Vater.
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1688, 8 |
schwaazn Anzügn - (missingsch) schwarzen Anzügen.
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1688, 12 |
Krakow - s.K. 50, 17.
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1688, 17 |
Dœmelklaas - (nd.) Dummkopf.
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1688, 19f. |
Woans sall de ... kein Voss is - (nd. Redewendung) Wie soll der Hase beweisen,
daß er kein Fuchs ist?; s. 1797, 30; zur Funktion der Redewendung im
Text vgl. Scheuermann (1998), S. 221, 337.
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1688, 21f. |
Interzonenpaß - s.K. 1436, 32-34.
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1689, 4 |
O.d.F. - Opfer des Faschismus: s.K. 1597, 29f.
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1689, 5 |
C.D.U. - s.K. 1162, 28f.
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1689, 14 |
Sowjetnik - s.K. 1674, 11.
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1689, 21 |
staatl. gepr. dipl. - Staatlich geprüfte diplomierte; s. 1599, 27.
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1689, 28-30 |
Zwar sei der ... Stütze der Hausfrau - Hedwig Dorn: Zur Stütze der Hausfrau.
Lehrbuch für angehende und Nachschlagebuch für erfahrene Hausfrauen
unter Berücksichtigung ländlicher Verhältnisse, Berlin (10)1922, S. 348: »Der
Krebs ist in den Monaten, die kein R haben, am schmackhaftesten.« Johnson
besaß ein Exemplar; s.K. 1251, 6-12.
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1689, 30-35 |
auch Frieda Ihlefeld ... in kaltem Wasser - Vgl. Ihlefeld (1920), S. 83: »Krebse und
Krabben sollen in den Monaten ohne r am besten sein.« S. 96: »Lebendige
Krebse werden in kaltem Wasser mit einem Reisbesen gereinigt und in reichlich
kochendem Wasser, in das man etwas Salz, einen Stich Butter sowie ein
Bund Petersilie getan hat, 12-15 Minuten stark gekocht, bis sie rot sind«;
Ihlefeld: s.K. 122, 37-39.
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1690, 6 |
Richtenberger - s.K. 214, 35.
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1690, 8-11 |
Jesu, laß mich ... die Welt verlassen - Siebte und letzte Strophe des Liedes »Hilf,
Herr Jesu, laß gelingen, hilf, das neue Jahr geht an«; Text: Johannes Rist,
1607-67; Melodie: Unser Herrscher, unser König.
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1690, 12-15 |
Bliwen Se man ... Niejår ji all - (nd.)
Bleiben Sie mal bei uns, Frau Abs.
Ich schmeiß das hin. Diese Loks, diese ausgeleierten Strecken, dieser
Signalsalat, da fahre der Teufel. Gutes Neujahr, Gesine!
Gutes Neujahr Ihr alle.
s. 513, 12.
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