30. Juli 1968
1668, 35-
1669, 9
Das sowjetische Politbüro ... in ihrem Eisenbahnzug - Vom 29.7.-2.8.1968 trafen sich auf dem tschechos.-sowj. Grenzbahnhof Čierna im äußersten Südosten der Slowakei Politiker der zwei Länder, darunter Breschnew, Dubček, Smrkovský, die ihre Meinungsverschiedenheiten nicht beilegen konnten. Pressekonferenz, Bankett und Kommuniqué, geplant für den 2.8., wurden abgesagt. Chop liegt Čierna gegenüber auf der sowj. Seite. Vgl. den Artikel »Russians Meet Czech Leaders; Apply Pressure/Security Is Tight« der NYT vom 30.7.1968: »At 9:50 this morning, a red, yellow and green diesel engine pulling 15 green sleeping cars chugged across the damp wheat fields from Chop, a Soviet border town, into Cierna, on the Czechoslovak side. [...]
Nine of the 11 members of the Soviet Politburo, led by the party chief, Leonid I. Brezhnev, Premier Aleksei N. Kosygin and President Nikolai V. Podgorny, descended at the brick station. They were greeted solemnly and without effusiveness by 16 members of the Czechoslovak hierarchy, led by the party chief, Alexander Dubcek. [...]
The meeting began shortly after 10 o’clock [...].
When the two sides adjourned for lunch at 3:45 P.M., they did not issue any preliminary announcement. Each side ate separately; the Soviet delegates on their train, the Czechoslovaks on the train on which they had arrived the night before. [...]
Villagers in this placid wheat and beet country seemed fascinated by the comings and goings of army trucks and black limousines«; s.K. 1555, 29-34; 1616, 29-32; 1680, 25-31; 1694, 2-10; 1707, 26-36.

1669, 5 Leonid I. Breschnew - s.K. 541, 2.

1669, 10-17 Kein Communiqué, außer ... und mit Unterschieden - Vgl. den Artikel »Russians Meet Czech Leaders; Apply Pressure/Pravda Emphatic« der NYT vom 30.7.1968: »Pravda [...] noted that the Soviet Union supplied Czechoslovak industry with virtually all its petroleum, 80 per cent of its iron-ore imports, 63 per cent of its synthetic rubber and 42 per cent of its nonferrous metals. [...] Pravda’s report declared that Soviet prices were set to the advantage of Czechoslovakia and warned that the country, like others in Eastern Europe, was subjected to discriminatory trade practices in Western markets.«

1669, 21-24 Sie beweist aber ... als Fälschung erwiesen - »Perhaps the best commentary on this preposterous propaganda is the fact that Czechoslovakia has been inviting journalists, writers, teachers and workers of all descriptions [...] to come and see for themselves what is really going on in Czechoslovakia. Moscow's counter has been to announce the temporary cutting off of Soviet tourist visits to Czechoslovakia, a move clearly indicating that the whole frenzied newspaper campaign is a fabrication«, NYT 30.7.1968.
Ein Verbot für sowj. Journalisten wird nicht speziell erwähnt.

1669, 30 dBG - das Blonde Gift; s.K. 1662, 12f.

1669, 39-
1670, 1
dazu die Erkundigung ... denn sie marschieren - Mehrere Schüler der Güstrower John-Brinckman-Schule hatten zur Zeit des Pfingsttreffens in Westberlin Vertreter der »Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit« besucht und Flugblätter erhalten, die sie in ihren Ostberliner Quartieren verteilten. Die Texte lauteten: »FDJ-ler für wen marschierst Du?« und »Es fing schon einmal mit Marschieren an!«; vgl. Moeller (1999), S. 25f.; s.K. 1713, 24-1721, 16; s. 1681, 18-20; 1684, 16f.

1670, 15f. Kriminalpolizei (Dezernat D) - s.K. 1597, 2.

1670, 20 Schnäcke - (nd.) hier: Geschichten.

1670, 21 Wie es zuging ... Universität von Leipzig - Eine größere Gruppe von Studenten war am 11.11.1948 in Leipzig verhaftet worden, unter ihnen der Philosophiestudent Wolfgang Natonek, mehrfach gewählter Vorsitzender des Studentenrats und Mitglied des LDP-Bezirksvorstands. Ihm wurde vorgeworfen, mit Flugblättern zu Widerstand und Streik aufgerufen zu haben. Er wurde zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt und 1956 entlassen. Eine Verhaftungswelle besonders der liberalen Studenten in Leipzig folgte, die LDP-Hochschulgruppe war für mehrere Jahre verboten; vgl. DER SPIEGEL 28.1.1949, S. 5; Fricke (1964), S. 73; Fricke (1979), S. 574.
Johnson wußte um diese Vorgänge, weil während seiner Leipziger Studienzeit ein Mitglied jener LDP-Studentengruppe Assistent im Germanistischen Seminar war; vgl. Scheithauer (1997).

1670, 22f. Joachim de Catt ... der als Pseudonym - s.K. 1459, 21.

1670, 32f. kommunistische Verteilung ... statt nach Verdienst - s.K. 1439, 10.

1670, 34 Turf - Filterlose Zigarette, sehr populäre Marke, die im VEB Jasmatzi Dresden hergestellt wurde.

1670, 35 Tausende Unter Russischer Führung - Nach Michael Naumann übersetzte der Volksmund »Turf« auch mit »Tausend Unterdrückte rufen Freiheit«; vgl. Naumann (1998).

1671, 1 die nachgemachten Glückszufälle à la U.S.A. - s.K. 1611, 30-32.

1671, 7f. Schulspeisung - s.K. 1405, 17.

1671, 36 D-B-G - Das Blonde Gift; s.K. 1662, 12f.

1672, 2f. Fünfeichen un all den Meß - Plattdt. Variation des engl. »1066 and all that«; s.K. 860, 35-38.

1672, 2 Fünfeichen - s.K. 1287, 25.

1672, 3 un all den Meß - (nd.) und all den Mist.

1672, 5f. Deutschlandtreffen - s.K. 1658, 2-12.

1672, 8 Wo ich bloß einen Schäferhund kannte - s.K. 431, 15.

1672, 33 Es sünt ädenste ... sehr ädenste Dingge - (missingsch) Es sind ernste Dinge, sehr ernste Dinge.

1672, 37-
1673, 1
Dassie man gleich ... all dissn Schåpschiet - (missingsch) Daß Sie mal gleich klar sehen, wir gehen hier mit einem Respekt vor. Zehnte Klasse, all diese Schafscheiße.

1672, 39-
1673, 1
Zehnte Klasse, all dissn Schåpschiet - Plattdt. Variation des engl. »1066 and all that«; s.K. 860, 35-38.

1673, 1f. Straße ist von ... Scholl in Schweri-en - Straße zwischen Goethestraße und Graf- Schack-Straße am Burgsee, hier befand sich das Gebäude des Staatssicherheitsdienstes; s. 1674, 15; 1679, 31f.; 1798, 9.
Die Geschwister Hans und Sophie Scholl (22.8.1918 bzw. 9.5.1921-22.2.1943) studierten in München Medizin bzw. Biologie und Philosophie; führende Mitglieder der Widerstandsgruppe »Weiße Rose«, am 18.2.1943 verhaftet, am 22.2. zum Tode verurteilt und hingerichtet.

1673, 4 Wismarsche Straße - Verläuft in nordsüdlicher Richtung parallel zwischen Bahnlinie und Pfaffenteich bzw. Ziegelsee.

1673, 5 Stalinstraße - Heute südlicher Teil der Wismarschen Straße.

1673, 6 Marienplatz, heute Leninplatz - An der Kreuzung von Wismarscher und Wittenburger Straße, nördlich des Rathauses.

1673, 6 Dom Offizerov - (russ.) Haus der Offiziere; s.K. 1347, 13.

1673, 7 die landesweit beschwärmte Passage - Schloßstraße, die direkt zum Inselschloß führt.

1673, 8-10 Kaiser Wilhelm-Straße ... der Nationalen Einheit - Frühere Namen der Geschwister-Scholl-Straße, die auf die Graf-Schack-Straße führt; s.K. 1673, 1f.

1673, 10 Graf Schack-Straße - Führt am West- und Nordufer des Burgsees entlang; benannt nach Adolf Friedrich Graf von Schack (2.8.1815-14.4.1894), epigonaler, klassisch-romantischer Schriftsteller, übersetzte aus dem Spanischen, Portugiesischen, Persischen und Arabischen; Versromane, Epos »Lothar«, 1872; s. 1673, 11, 18.

1673, 15-17 Pastor Niklot Beste ... Landeskirche von Mecklenburg - Niklot Beste (30.6.1901-24.5.1988), ev. Theologe, 1932-33 Pastor der Volkskommission in Schwerin; 1933-45 Pastor in Neubukow; ab 1934 Vorsitzender des Bruderrates der Bekennenden Kirche; 1946 [sic] -71 Landesbischof von Mecklenburg; 1969-73 leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche der DDR. Sein Buch »Der Kirchenkampf in Mecklenburg 1933-1945«, Göttingen 1975, befindet sich in Johnsons Bibliothek.

1673, 19 Brüsewitz bei Schwerin - Etwa 12 km nordwestlich von Schwerin gelegen.

1673, 22-26 Wie glücklich ich! ... Unendlichkeit / Umleuchtet dich - Zitat aus Adolf Friedrich von Schacks Versepos »Lothar. Ein Gedicht in zehn Gesängen«, 1. Gesang, 4. Bild; Johnson beendet das Zitat im Vers durch das Ausrufezeichen, die Fortsetzung lautet:
    Umleuchtet dich; gleich einer großen Blume
    Erschließt sich Blatt an Blatt mit Maienduft
    Die Welt vor dir; mit reinrer Luft,
    Wie in der Menschheit Frühlingstume,
    Scheint über dir der Himmel noch zu lachen,
    Und du vernimmst im Traum und Wachen
    Noch Melodien, die unserm Ohr verhallt!
Vgl. Schack (1897), S. 166.

1673, 33f. mit einer einzigen Faust, diese erhoben - s.K. 1411, 30.

1674, 9 münchner Universität - Durch Ludwig den Reichen 1472 in Ingolstadt gegr., 1802 nach Landshut, 1826 nach München verlegt. 1942-43 war hier die studentische Widerstandsgruppe »Weiße Rose« aktiv.

1674, 11 Sowjetnik - Die Verwendung der russ. Endung »-nik« gibt dem Wort eine pejorative Bedeutung; s. 1677, 37; 1689, 14.

1674, 14 M.f.S. - Ministerium für Staatssicherheit: s.K. 684, 8.

1674, 20 heute würde ich sagen: Squash - Schnelles Ballspiel für zwei Spieler auf kleinem Feld, das von vier Wänden begrenzt wird, gegen die mit einem Schläger ein Weichgummiball geschlagen wird; zu der Zeit in der DDR unbekannt.

1674, 24 wie Achill die Schildkröte - Anspielung auf das berühmte Paradoxon des Zenon von Elea (um 490-430 v.Chr.): Achill könne eine Schildkröte nie einholen, denn im gleichen Zeitpunkt, zu dem er den Ablaufpunkt der Schildkröte erreiche, habe sie einen - wenn auch stets kleiner werdenden - Vorsprung.

1674, 27f. V.E.B. Rundfunktechnik - s.K. 1615, 1f.

1674, 32f. Das historische Datum ... vom 8. Februar 1950 - s.K. 684, 8.

1674, 34 Friedensfahrt nach Berlin - Die »Internationale Radfernfahrt für den Frieden« begann im Juni 1948 auf der Strecke Prag-Warschau-Prag. Seit 1952 stand sie unter der Schirmherrschaft der Parteizeitungen »Trybuna Ludu«, »Rudé Právo« und »Das Neue Deutschland«. Im selben Jahr (30.4.-13.5.) führte das Rennen erstmals durch die DDR und startete in Berlin (Ost). 1950, in dem Jahr, das Johnson erwähnt, nahm zum ersten Mal eine dt. Mannschaft, die ausschließlich aus DDR-Fahrern bestand, an dem Rennen teil. Es galt mit einer Streckenlänge von 1.800-1.900 km als eines der schwierigsten Straßenrennen des Amateurradsports; der erfolgreichste Radfahrer der DDR, Gustav Adolf »Täve« Schur, diente als Anregung zu »Das dritte Buch über Achim.« Vgl. Ullrich (1960), S. 48f; Huhn (1992), S. 36.

1674, 35 Das bl- - Das blonde Gift; s.K. 1662, 12f.

1675, 17 L.D.P.D. - s.K. 1355, 29-35.

1675, 17f. Der Großvater im ... der sowjetischen Freunde - s. 1123, 17-1127, 24.

1675, 19 Schwager Cresspahls im ... bei der Ministerialbürokratie - Robert Papenbrock; s. 1481, 15-23.

1675, 22 Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser - Häufig Lenin zugeschrieben, obwohl in diesem Wortlaut in keiner seiner Reden und Schriften belegt. Lenin benutzte häufig das russ. Sprichwort »Dowerjai, no prowerjai« (Vertraue, aber prüfe nach!). Vermutlich wurde das Sprichwort in Übersetzungen abgewandelt, die neue Formulierung dann als Leninsche Prägung angesehen.

1675, 22 LENIN - s.K. 1165, 23.

1675, 23-25 »Niemals in der ... auch nicht geben.« - Aus der Rede Stalins vom 11.1.1933 vor dem Plenum des ZK der KPdSU »Über die Arbeit auf dem Lande«; vgl. Stalin (1952).
Die Zeilen finden sich als Begleittext zu einem Foto Stalins ohne Quellenangabe in: Rubel (1975), S. 83.

1675, 26 Cressphal - Druckfehler in allen Ausgaben, richtig: Cresspahl.

1675, 38 Die roten Radler von München - Münchener Transportfirma.

1676, 4 neuen Stils - Der Gregorianische Kalender wurde erst nach der Oktoberrevolution in der Sowjetunion eingeführt, vorher galt der Julianische (Umstellung am 1.2.1918).

1676, 5 wieso Rom, Italien - Gesine weist bei Stalins Geburtsdatum darauf hin, daß bis zur Revolution in Rußland der Julianische Kalender galt. Vermutlich muß sie erklären, daß der Gregorianische Kalender, 1582 von dem in Rom residierenden Papst Gregor XIII. eingeführt, erst durch Lenin durchgesetzt wurde - Die Stelle bleibt trotzdem dunkel.

1676, 5 ein Rom gibt bei Parchim - Dorf, 8km östlich von Parchim; Parchim: s.K. 58, 34.

1676, 5f. an die vierhundert Seelen, Herr Revisor - Anspielung auf Nikolai Gogols Komödie »Der Revisor«, 1836, und den Roman »Die toten Seelen«.
Vermutlich auch Anspielung auf eine Bemerkung Trotzkijs in »Bulletin Opposizii«: »›Wie Gogols Revisor sammelt Stalin tote Seelen, weil er keine lebenden finden kann‹, schrieb Trotzki im Hinblick auf die neuen Unterwerfungen«; vgl. Deutscher (1961), S. 374. Die »neuen Unterwerfungen« beziehen sich auf Sinowjew und Kamenew, die aus der sibirischen Verbannung zurückkehren durften, nachdem sie angeblichen Verbindungen zur linken Opposition erneut abgeschworen hatten.

1676, 19 Preußisch Pommern - s.K. 235, 5.

1676, 25f. Lokomotivführerschule Güstrow - s.K. 23, 29.

1676, 26-28 Grundlagen der materialistischen ... Lehre? Der Umschlag - In der auf Karl Marx und Friedrich Engels zurückgehenden materialistischen Dialektik werden drei Grundgesetze unterschieden, die in verschiedenen Quellen verschieden numeriert werden:
a) Das Gesetz von Einheit und Kampf der Gegensätze,
b) Das Gesetz vom Umschlagen quantitativer Veränderungen in qualitative,
c) Das Gesetz von der Negation der Negation.
Auf welche Quelle sich Johnson bezieht, konnte nicht ermittelt werden. Mit »dritter Grundsatz« ist aber hier eindeutig das unter b) angeführte Gesetz gemeint: »der Umschlag«; s.K. 76, 33f.; 463, 30f.; 1427, 33; 1814, 36-39.

1676, 33 Petticoat - (engl.) übersetzt im Text; hier: versteifter, auch mit Volants voluminös gearbeiteter Halbunterrock, Kennzeichen der Teenagermode Mitte der fünfziger bis Anfang der sechziger Jahre; s. 1703, 38.

1676, 39 Max Planck - Max Karl Ernst Ludwig Planck (23.4.1858-4.10.1947), dt. Physiker, entwickelte die Quantentheorie. Während des Nationalsozialismus taktierte Planck vorsichtig, er widersetzte sich einigen Maßnahmen Hitlers, besonders der Judenverfolgung, ganz offen, so verteidigte er Einstein, konnte aber die Entlassungspolitik der Nazis durch hinhaltende Behandlung einzelner Fälle nicht unterlaufen. Sein Sohn Erwin Planck wurde im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 hingerichtet. Planck, unter dessen Vorfahren väterlicherseits sich mehrere Theologen befanden, versuchte, seine religiösen Überzeugungen mit seinen physikalischen Ansichten in Einklang zu bringen (»Religion und Naturwissenschaft«, 1938).

1677, 4 kein Stein; kein Bein - s.K. 205, 35f.

1677, 22f. British Broadcasting - s.K. 860, 20-22.

1677, 23 barbed wire - (engl.) übersetzt im Text 1677, 19f.

1677, 29-
1678, 1
Kurt Müller. »Kutschi« ... Mauer und Draht - Kurt Müller (13.12.1903-21.8.1990), Werkzeugmacher; KPD-Funktionär, 1933 in Moskau, 1933-39 im Kasseler Zuchthaus; nach dem Krieg Mitglied des Bundestages für die KPD. Als der Parteivorsitzende Max Reimann erfuhr, daß Müller über ihn Berichte an Walter Ulbricht (s.K. 993, 8) lieferte, schloß er ihn im April 1950 aus der Partei aus und kündigte sein Bundestagsmandat. »Am 22. März 1950 wurde er nach einer Dienstfahrt in die DDR als ›verschollen‹ gemeldet. Nach zweimonatigem Schweigen ließ das Ministerium für Staatssicherheit der DDR mitteilen, daß Kurt Müller am 22. März 1950 festgenommen war. In einem Prozeß über die Lehren des Slansky-Prozesses vom 20. Dezember 1952 beschuldigten ihn das Zentralkomitee und die Zentrale Parteikontrollkommission der SED, ›Trotzkist‹ sowie ›Agent des englischen und amerikanischen Geheimdienstes‹ gewesen zu sein. Zu dieser Zeit befand sich Kurt Müller längst in sowjetischem Gewahrsam: Nach dreijähriger Untersuchungshaft wurde er durch ein sogenanntes Fernurteil einer Sonderkommission des MWD, also statt einer Gerichtsverhandlung durch ein administratives Verfahren, zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt und in das Gefängnis Wladimir überführt. Von hier ist er am 13. Oktober 1955 in die Bundesrepublik entlassen worden«; vgl. Fricke (1982), S. 41. Die Einzelheiten seines Lebenslaufs im Text sind weitgehend einem Artikel aus DER SPIEGEL vom 18.5.1950, S. 5f., entnommen; vgl. auch SBZ (1956), S. 126.
Müllers Entlassung ging auf die Verhandlungen Adenauers zurück, der mit der diplomatischen Anerkennung der Sowjetunion die Rückkehr dt. Kriegsgefangener und anderer Inhaftierter erreichte. Müller arbeitete seit 1960 für die Friedrich-Ebert-Stiftung und gab die Schriftenreihe »Außenpolitik kommunistischer Länder und Dritte Welt« und den »DDR-Report« heraus.

1677, 32 Konzentrationslager Sachsenhausen - s.K. 36, 12; 645, 38.

1678, 7f. »Wenn bei Capri ... im Meer versinkt.« - Anfangszeile des dt. Schlagers »Die Capri-Fischer«, 1943; Komponist: Gerhard Winkler; Text: Ralph Maria Siegel; zunächst von Magda Hain (1943) gesungen, wurde er mit Rudi Schuricke (1945) als Interpret einer der größten Schlagererfolge der Nachkriegszeit.

    Wenn auf Capri die rote Sonne im Meer versinkt
    und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt,
    zieh’n die Fischer mit ihren Booten aufs Meer hinaus,
    und sie legen im weiten Bogen die Netze aus.
    Nur die Sterne sie zeigen ihnen am Firmament
    ihren Weg mit den Bildern, die jeder Fischer kennt.
    Und von Boot zu Boot das alte Lied erklingt,
    hör’ von fern, wie es singt:
    Bella, bella bella Mari,
    bleib mir treu, ich komm zurück morgen früh!
    Bella, bella bella Mari,
    vergiß mich nie!

    Sieh den Lichterschein draußen auf dem Meer,
    ruhelos und klein, was kann das sein,
    was irrt dort spät nachts umher?
    Weißt du, was da fährt? Was die Flut durchquert?
    Ungezählte Fischer, deren Lied von fern man hört.
    Bella, bella bella Mari ...
s. 1703, 2.

1678, 36 Was slushaju - (russ.) übersetzt im Text: in dem Sinne im 19. Jh. gebräuchlicher in der reflexiven Form: (Was) sluschajus - zu Befehl; heute üblich: jestj; s. 1815, 2.

1679, 2 Do swidanie - (russ.) übersetzt im Text.

1679, 15 ein Fetzchen - s. 1671, 25-33.

1679, 33f. V.E.B. Eisenacher statt Bayerische Motorenwerke A.G. - In der 1896 gegr. Eisenacher Fahrzeugfabrik AG wurde schon 1898 das erste Modell »Wartburg« produziert. Namen und Eigner wechselten häufig, bis die Firma als Dixie-Werk 1928 zu den Bayerischen Motorenwerken München kam. Seit 1946 zur SAG Awtowelo gehörig und seit dem 5.6.1952 VEB, entwickelte sich das Werk zum größten Autoproduzenten der DDR.
Trotz schwerer Beschädigungen im 2. Weltkrieg baute man kurz nach Kriegsende den Typ BMW 321, später auch 340, nach, bis BMW Klage erhob, weil die Formgebung einschließlich des blauweißen Markenzeichens kopiert worden war. Seit dem Urteil zugunsten BMWs im November 1950 führte EMW ein Firmenzeichen mit rotweißem Kreis.
Das fünfsitzige Modell BMW/EMW 340 wurde 1949-55 hergestellt, 90% wurden exportiert, der Rest wurde der Verwaltung als Dienstwagen oder als Taxis zur Verfügung gestellt; s.K. 1615, 1f.

1680, 18 Coming up - (engl.) Sofort!; s.K. 1647, 4.