Tagungsbericht

Stadt und Meer im Ostseeraum während des 17. und 18. Jahrhunderts: Seehandel, Sozialstruktur und Hausbau – dargestellt in
historischen Informationssystemen

Stralsund, 08./09. September 2005
4. internationale Forschungskonferenz

Am 8. und 9. September 2005 trafen sich etwa 40 Wissenschaftler in Stralsund im Wulflamhaus am Alten Markt, um zum vierten Mal im Rahmen der Jahrestagung des Forschungsverbundes Städtesystem und Urbanisierung im Ostseeraum in der Neuzeit [1] einen direkten Einblick in den aktuellen Forschungsstand der Erkundung des Baltischen Raumes der Frühen Neuzeit zu erhalten, vor allem anhand der Darstellung und Diskussion von bereits abgeschlossenen oder noch in Arbeit befindlichen Fragestellungen und Projekten. Dabei richtete sich die Aufmerksamkeit in diesem Jahr besonders auf den Seehandel, auf die Sozialstruktur und den Hausbau der Städte und auf deren Darstellungs- und Auswertungsmöglichkeiten in historischen Informationssystemen. Organisiert und veranstaltet wurde die Tagung vom Historischen Institut und Arbeitsbereich Multimedia und Datenverarbeitung in den Geisteswissenschaften der Universität Rostock in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Bauingenieurwesen der Hochschule Wismar und der Hansestadt Stralsund unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr.-Ing. Frank Braun (Hochschule Wismar) und PD Dr. Stefan Kroll (Universität Rostock). Finanziert wurde sie aus Projektmitteln des seit Ende 2001 bestehenden interdisziplinären Forschungsprojektes, welches durch den Bund und vom Land Mecklenburg - Vorpommern aus HWP – Mitteln gefördert wird und dessen Interdisziplinarität sich durch die enge Zusammenarbeit von Historikern, Archivaren, Bauingenieuren, Geographen und Informatikern auszeichnet, welches sich auch in der heterogenen Zusammensetzung der Tagungsteilnehmer widerspiegelte.

Eröffnet wurde die Tagung durch die freundliche Begrüßung zum einen durch Dr. Manfred Hiltner, dem Staatssekretär des Bildungsministeriums vom Land Mecklenburg-Vorpommern, und zum anderen durch Senator Hans-Jörg Vellguth, dem 1. Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Hansestadt Stralsund.
Die erste Sektion bot einen Überblick über den bisherigen Kenntnisstand der historischen Kleinstadtforschung mit spezieller Blickrichtung auf die pommerschen Kleinstädte im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Im ersten Vortrag der Tagung wies Holger Th. Gräf (Marburg) zunächst darauf hin, dass frühneuzeitliche Kleinstädte, Städte mit weniger als 20.000 Einwohnern, erst in jüngster Zeit, etwa seit den 90’ger Jahren des letzten Jahrhunderts, überhaupt ins Forschungsinteresse von Stadthistorikern gerückt seien. Bis heute würden sie im Vergleich zur Beforschung großer Städte eine Randerscheinung darstellen. Verschuldet wäre dieser Umstand überwiegend durch die alte Vorstellung, in der die frühneuzeitliche kleine Stadt als ackerbürgerliches modernisierungsfeindliches Siedlungsgebilde verstanden wurde, welches kein beachtenswertes Entwicklungspotential für eine frühmoderne Gesellschaft aufzuweisen hatte. Während seines Vortrages enttarnte Herr Gräf in seinem Forschungsüberblick über die frühneuzeitlichen kleinen Städte im europäischen Raum diese alte Ansicht als falsches Vorurteil. Denn es hätte sich herausgestellt, dass den kleinen Städten in der Frühen Neuzeit eine bedeutende Rolle für die territoriale Entwicklung der Fürstentümer durch ihre Einbindung in regionale und überregionale Netzwerke beizumessen wäre. Durch die Ansiedlung administrativer Einrichtungen hätten sie zur staatlichen Durchdringung des Landes und somit zur Entwicklung des frühneuzeitlichen Staatengebildes beigetragen. Auch in kultureller und in sozialer Hinsicht würden die frühneuzeitlichen kleinen Städte ihrem Klischee nicht gerecht werden, denn sie agierten vielmehr als Multiplikatoren, denn als Entwicklungsbremse neuer Erscheinungen. Jedoch stünde letzteres bislang noch nicht im Vordergrund des Forschungsinteresses. In der sich anschließenden Diskussion wurde betont, dass die Entwicklung der Kleinstädte von der Agrarstruktur des Umlandes abhängig sei. So wurde die Unterentwicklung der norddeutschen Kleinstädte Pommerns im Vergleich zum süddeutschen Raum auf die dort dominierende Gutswirtschaft zurückgeführt.
Über die Kleinstädte und Hanse in Vorpommern und Rügen im Spätmittelalter referierte Heidelore Böcker (Berlin). Frau Böcker hielt fest, dass Pommern mit einem Stadtbevölkerungsanteil von 24 % gemessen an seiner Gesamtbevölkerung über einen hohen Urbanisierungsgrad im Spätmittelalter verfügte, wobei der überwiegende Teil in den drei großen Städten Pommerns: Stralsund, Greifswald und Stettin lebte. Bei ihren Ausführungen zu den Freiräumen und Knotenpunkten informeller Vernetzung einer Städtelandschaft verwies Frau Böcker dabei zum einen auf die Unterscheidung der Vernetzung der Städte untereinander und zum anderen auf die Vernetzung zwischen Fürst und Stadt. Letzteres wurde vor allem durch die Ausführungen zu den politischen, herrschaftlichen und militärischen Funktionen der spät-mittelalterlichen Kleinstadt erläutert: Die Kleinstädte dienten demnach als Stütze des Landesherrn. Jener vergab in Pommern gezielt Handelsprivilegien als Gegengewicht zu den großen Handelsstädten und durch die Anwesenheit von Administration in den Kleinstädten kam ihnen ein eigenes Aufgabenfeld zu. Im Bereich der Wirtschaft, erläuterte Frau Böcker, sei der Exporthandel, die Ausfuhr von Produkten aus der Land- und Forstwirtschaft, überwiegend über die Häfen der drei großen Städte Pommerns abgewickelt worden. Den pommerschen Kleinstädten wäre dabei vor allem die Rolle von Trabanten zugekommen, mit einigen Ausnahmen, wie z.B. Wolgast, welches ebenfalls Waren exportierte. Ihren Vortrag beschließend, wies Frau Böcker auch auf die Bedeutung der spätmittelalterlichen pommerschen Kleinstädte als Durchgangsstationen für die Migration in die großen Städte hin.
Ihr Dissertationsthema stellte Carina Hojenski (Rostock) vor, in welchem sie sich mit den Kleinstädten Schwedisch – Pommerns um die Wende zum 18. Jahrhundert beschäftigt. Grundlage ihrer Arbeit bilden dabei zwei verschiedene Quellen: zum einen die Karten und Protokolle aus der schwedischen Landesaufnahme Vorpommerns um 1700, die unter anderem auch 12 Stadtbeschreibungen beinhalten und zum anderen Lustrationsprotokolle, die das Eigentum der Stadtbewohner verzeichnen. Die Entschlüsselung der Daten soll anhand zweier historischer Informationssysteme erfolgen – ein separates Informationssystem für Wolgast und ein zweites für die übrigen im Projekt einbezogenen Mittel- und Kleinstädte. Mit Hilfe dieser Informationssysteme könnten dann die einzelnen Städte ausgewertet und miteinander verglichen werden. Eine Zweiteilung der Kleinstädte Schwedisch - Pommerns ließe sich ausmachen, denn es könnte unterschieden werden zwischen Kleinstädten wie z.B. Wolgast oder Anklam, die wirtschaftliche Bedeutung durch Exportwarenhandel erlangten oder durch ihre strategische Schlüsselstellung von militärischer Bedeutung waren und zwischen Kleinstädten wie z.B. Loitz, die als Agrarstädte ausschließlich in ihr regionales Umfeld eingebunden blieben.

Die zweite Sektion der Tagung war thematisch ausgerichtet auf die Stadtgeschichte Stralsunds des 17. und 18. Jahrhunderts. Anne Grabinsky (Rostock) trug als erste Vortragende dieser Sektion die Ergebnisse ihrer Magisterarbeit vor, in der sie sich mit dem Wiederaufbau Stralsunds nach den beiden Brandkatastrophen von 1678 und 1680 beschäftigte. Grundlage ihrer Arbeit war das historische Informationssystem Stralsund, welches von Gyula Pápay (Rostock) und Stefan Kroll (Rostock) erarbeitet worden ist [2]. Stralsunder Haussteuerlisten aus dem 17. Jahrhundert lieferten als Quellengrundlage die Informationen zum Schadensbestand und zum Wiederaufbau der städtischen Bausubstanz. Frau Grabinsky berichtete darüber, dass Stralsund 1678 durch eine Bombardierung und 1680 durch einen Stadtbrand bis zu 60 % zerstört worden war. Der Wiederaufbau sei zwar durch die Gewährung von Steuernachlässen und durch die Verteilung von Gnadengeldern von der schwedischen Regierung gefördert worden, dennoch war nach 28 Jahren weniger als die Hälfte der Zerstörungen wieder aufgebaut. Die getrennte Betrachtung des Wiederaufbaus einzelner Stadtviertel konnte mit Hilfe des Stralsunder Informationssystems sehr gut realisiert werden.
Das historische Informationssystem von Stralsund diente auch Karsten Labahn (Rostock) als Grundlage für die Bearbeitung seiner Magisterarbeit, welche Gegenstand seines Vortrages war. Er berichtete über die innerstädtische Mobilität in Stralsund zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Methodisch stützte Herr Labahn sich auf die Steuerregister Stralsunds aus den Jahren von 1706 – 1710, aus denen er 1000 sicher belegte Umzüge im bürgerlichen Milieu herausfiltern konnte. Als Ergebnis der Analyse dieser 1000 Fälle ergab sich eine jährliche Mobilitätsrate von 7 bis 9 Prozent. Anschließend stellte Herr Labahn die Ergebnisse seiner Teiluntersuchungen vor, die im Wesentlichen ein Umzugsverhalten zeigten das vorrangig innerhalb der einzelnen Stadtviertel zu verzeichnen war, das von wirtschaftlichen Gründen und durch den Lebenszyklus bestimmt war und das auch eine örtliche Gebundenheit einiger Berufsgruppen durch die Inanspruchnahme von Betriebsstätten verdeutlichte.
Friederike Thomas und Sabine Kahle (Wismar und Stralsund) hielten gemeinsam einen Vortrag über die Untersuchungen zur Stralsunder Baukultur der Schwedenzeit, in welchem sie einen Überblick über ihre derzeitige Projektarbeit boten. Ziel ihrer Arbeit ist die Erstellung von Hausbiographien, in denen die barocke Bausubstanz von Stralsund nach eingehender bau- und kulturhistorischer Untersuchung erfasst und welche über das Internet öffentlich zugänglich gemacht werden sollen, in gleicher Form wie die Hausbiographien von Wismar [3]. Dabei hätte es sich erwiesen, dass vor allem in den noch unsanierten Häusern barocke Befunde auszumachen seien. Die Quellenlage für bauhistorische Fragestellungen über Stralsund wurde für das 17. und 18. Jahrhundert für gut befunden. Archivarisch belegte Funde würden eine Orientierung für die richtige zeitliche Einordnung der Funde ohne Quellenbelegung bieten. Im Anschluss an den Vortrag folgte eine zweistündige Exkursion zu zwei unsanierten Bauobjekten in der Innenstadt Stralsunds, einem barocken Palaisbau und einem viergeschossigem Giebelhaus, welche unter der sachkundigen Führung von Frau Thomas und Frau Kahle erkundet wurden.

Mit Stadtinformationssystemen in der Geschichtswissenschaft beschäftigte sich die dritte Themensektion der Tagung. Ein dänisch–deutsch–schwedisches Internetportal stellten Søren Bitsch Christensen (Århus) und Mike Jensen (Rostock) in ihrem gemeinsamen Vortrag vor. Dieses Internetportal ist das Ergebnis des europäischen Verbundprojektes „The Urban Cultural Heritage of the Mare Balticum“ der Universitäten von Århus, Rostock und Stockholm, bei dem drei separat bestehende Stadtinformationssysteme der drei beteiligten Länder miteinander verknüpft werden [4]. Herr Christensen berichtete über die noch in Arbeit befindlichen Seiten für die dänische Homepage des Projektes. Nach ihrer Fertigstellung soll das dänische Städteportal Informationen über Städte aus der Zeit des Dänischen Absolutismus enthalten, die konkret eine kurze historische Umschreibung, bibliographische Hinweise, Karten und Statistiken über die Schifffahrt, die Landwirtschaft, die Bevölkerungsentwicklung, über den Handel und anderes mehr umfassen. Des Weiteren bestünde der Zugriff auf eine Datenbank, die nähere Informationen über die dänische Schifffahrt des 18. Jahrhunderts bereithielte. Herr Jensen wies darauf hin, dass zum deutschen Beitrag des Stadtinformationssystems die Einarbeitung deutscher und polnischer Küstenstädte und die weiterer baltischer Länder zählen, welche in der Übersichtskarte verzeichnet sind und die nicht zu Dänemark oder Schweden gehören. Es wurden Städte mit einbezogen, die entweder schon in der Neuzeit bestanden oder gegründet worden waren. Als Grundlage einer Datenbank, die Daten über die Schiffswege im Baltischen Raum des 18. Jahrhunderts enthält, diente das Niederländische Sundregister. Das Ziel seiner Arbeit war die Erstellung eines digitalen Städtebuches, welches Erstinformationen enthält und jederzeit erweiterbar ist und welches weniger Forschungszwecken dienen soll, sondern vielmehr als Informationsangebot verstanden wird.
Ein historisches Informationssystem der Stadt Greifswald, mit dessen Hilfe Aussagen zur Sozialstruktur und Sozialtopographie der Stadt dargestellt wurden, präsentierten Stefan Kroll (Rostock) und Gyula Pápay (Rostock). Dieses neue Informationssystem würde im Vergleich zu den Vorgängermodellen eine allgemein verbesserte Funktionsweise bieten, anhand einer vereinfachten Datenabfrage und ihrer visuellen Darstellung und durch den erweiterten Funktionsumfang. Als Quellengrundlage für das Greifswalder Informationssystem dienten die Protokolle der Stadtaufnahme durch die schwedischen Landesvermesser aus dem Jahr 1707/ 08. Jedoch sei dadurch keine vollständige Beschreibung von Greifswald überliefert, denn ein Teil der Vermessungsprotokolle für das westliche Stadtgebiet gilt als verschollen. Um diese Lücken ein wenig zu schließen wurden weitere Quellen herangezogen: unter anderem eine neuere Abschrift der Vermessungsprotokolle, Lustrationsregister und das Greifswalder Bürgerbuch, welche zusätzliche Angaben zur beruflichen Nutzung der Grundstücke und Angaben zu Berufsbezeichnungen enthielten. Von technischer Seite aus betrachtet, betonte Herr Pápay, stelle dieses Informationssystem einen Durchbruch in der Entwicklung historischer Informationssysteme dar, denn es wurde so programmiert, dass es als Prototyp für weitere Informationssysteme verwendet werden könne. Unbedingte Voraussetzung dafür wäre jedoch eine ähnliche Datenlage, weil in der Datenbank ausschließlich standardisierte Angaben verarbeitet würden.
Ein weiteres Stadtinformationssystem stellte Katrin Möller-Funck (Rostock) vor. Sie erarbeitete ein historisches Informationssystem für Stettin, welches 1706/ 07 durch die Schweden vermessen worden war, und deren Datenerhebung auch in diesem Fall die Quellengrundlage bildet. Ähnlich dem Greifswalder Informationssystem ist auch hier ein Teil der Hauptquelle verloren gegangen, so dass Neubürgerlisten und Trauregister die Datenbasis ergänzen. Als technische Grundlage diente das oben erwähnte Greifswalder Informationssystem, das sich hier als Prototyp bewährte, indem die Datenbank mit den Stettiner Daten gefüllt wurde und nur kleinere softwaretechnische Änderungen vorgenommen wurden mussten, um für Stettin spezifische Standartabweichungen darstellen zu können. Anhand von ausgewählten Beispielen demonstrierte Frau Möller-Funck die Einsatzmöglichkeiten ihres Informationssystems durch die Visualisierung sozialhistorischer Fragestellungen.
Die dritte Themensektion beschließend referierten Jan-Olaf Linke (Freiburg/ Br.) und Rainer Spittel (Bremen) über Historisch Geographische Informationssysteme (HGIS) in Forschungs-, Lehr- und Lern – Prozessen. Herr Linke verwies zunächst auf die zunehmende Tendenz zur Visualisierung historischer Daten, deren Schwerpunkt vor allem auf der Geovisualisierung läge. In diesem Zusammenhang öffnen sich zwei große Problemfelder: zum einen die Frage nach der Art der Bereitstellung und Vernetzung der Daten z.B. als WebGIS im Netz und zum anderen die Problematik der Überführung historischer Daten in Datenbanken. Letzteres verdeutlichte Herr Spittel, indem er darauf verwies, dass oftmals historische Quellen so genannte unscharfe Daten beinhalten würden, die nur mit Hilfe methodischer Verfahren aus dem Bereich der Informatik in eine Datenbank zu überführen wären. Dafür bestünden zwar schon allgemeine methodische Ansätze, jedoch existierten für Unschärfen in historischen Daten noch keine speziellen Lösungen. Der theoretische Gedanke WebGIS als ein offenes System zu gestalten, fand in der sich anschließenden Diskussion wenig Zustimmung und daraufhin wurden denkbare Alternativen diskutiert.

Als vierte Themensektion folgten abschließend noch zwei Vorträge zum Thema Schifffahrt und Seehandel in der Frühen Neuzeit im Ostseeraum. Werner Scheltjens (Groningen) berichtete über seine Erfahrungen und Erkenntnisse im Umgang mit unterschiedlichem Quellenmaterial, unter anderem dem Niederländischen Sundregister, zum niederländischen Seehandel im baltisch - finnischen Raum in der Zeit von 1558 – 1780. Er präsentierte den Entwurf zweier relationaler Datenbankmodelle: Das eine diente der Erkundung von Schiffsbewegungen und das andere war auf die Erfassung von Daten einzelner Schiffe ausgerichtet. Anhand der zusammengetragen Informationen ermöglichte die Abfrage der Datenbanken Aufschlüsse über Schiffsgröße, über den Schiffseigentümer, die Ladung, über die Seehandelswege und vieles andere mehr.
Gregor Thomsen (Rostock), Torsten Foy (Rostock) und Gyula Pápay (Rostock) präsentierten zwei Informationssysteme zum Seehandel Pernaus im 18. Jahrhundert. Die Datengrundlage für dieses Projekt basiert auf zwei unterschiedlichen Quellen, die den Zeitraum von 1764 bis 1782 umfassen: Das Stadt-Zulage-Journal enthält Angaben über Schiffer, Eigentümer der Fracht und über den Start- und den Zielhafen. Nähere Daten über das Schiff und seine Besatzung und über die Reisedaten wurden im Beilage-Journal verzeichnet. Die Abfrage der Datenbank wird durch zwei verschiedene Informationssysteme gestützt. Herr Foy stellte eine aus der GIS-Software-ArcView heraus generierte Karte vor, die den Warenhandel verschiedener Hafenstädte mit Pernau graphisch darstellt. Abfrage- und visuelle Darstellungsmöglichkeiten bietet das Informationssystem zum Seehandel Pernaus, welches Herr Pápay im Anschluss vorstellte. Mit Hilfe der Informationssysteme sei es möglich gewesen wesentliche Fragestellungen zum Seehandel Pernaus zu bearbeiten.

Die Bereitstellung historischer Stadtinformationssysteme für ein breiteres Publikum, z.B. für historisch interessierte Laien in einem Museum, war Gegenstand der Abschlussdiskussion. Dabei wurde auch auf die Gefahr hingewiesen, dass durch mangelnde Kritik an den Standardisierungsvorgängen, der ursprüngliche historische Informationsgehalt bei der Digitalisierung verfälscht werden könnte. Ein besonderer Schwerpunkt der Tagung, der sich wie ein roter Faden durch alle Sektionen zog, bestand in der Vorgehensweise der Datenaufbereitung für den historischen Erkenntniszuwachs und seiner Präsentation: der methodische Ansatz der meisten Vortragenden basierte auf der Auswertung datenreicher neuzeitlicher Quellen mit Hilfe von Computertechnologie. Durch die Arbeit mit Datenbanken und deren Einbindung z.B. in Internetportale oder deren Verknüpfung mit geografischen Kartenobjekten, ist es uns in der heutigen Zeit möglich, auch Quellenmaterial von großem Umfang einer quantitativen Auswertung zuzuführen. Zudem konservieren Informationssysteme ihre Daten und sie können nach ihrer Veröffentlichung jederzeit von Dritten für die Erarbeitung eigener Fragestellungen herangezogen werden, wie es hier die mehrfache Verwendung des Stralsunder Informationssystems gezeigt hat. Durch die gelungene Entwicklung eines Prototyps zur Erstellung weiterer historischer Stadtinformationssysteme, ist ein nützliches Werkzeug für die Stadtforschung geschaffen worden. So könnte es bei entsprechender Quellenlage bald möglich sein durch vergleichende Analysen das neuzeitliche Städtesystem im Baltischen Raum großflächiger zu untersuchen, um präzisere Aussagen zum Urbanisierungsprozess dieser Zeit entwickeln zu können.


Anmerkungen:

[1] http://www.phf.uni-rostock.de/imd/Forschung/HomeMare2/HomeMaBa.htm

[2] http://www.phf.uni-rostock.de/imd/Forschung/HomeMare2/Staedte.htm

[3] http://www.bau.hs-wismar.de/braun/Wismar/HAUSBIOGRAPHIEN/Grundkarten/ Kartennavigation/karte.htm

[4] http://www.baltictowns.com/portal/e_index.html

Bericht: Anke Maiwald, M. A. (Universität Rostock)