Das deutsche Lustspiel der Aufklärung macht weniger Entwicklungsstufen durch als das Trauerspiel. Das generell geringere Ansehen der komischen Gattung innerhalb der Gattungshierarchie hat darauf sicher Einfluß; letztlich bleibt die Komödie in Deutschland eher unterentwickelt.
Bis zur Mitte des Jahrhunderts dominiert Gottscheds
Poetik der Komödie. Dieser
Entwurf propagiert die Verlachkomödie, in der das falsche Verhalten
lasterhafter Personen exemplarisch dargestellt und dem Gelächter des
einsichtigen Publikums preisgegeben wird. Ziel sind gewöhnlich verbreitete
moralische oder soziale Fehler, die Darstellung beschränkt sich schematisch
auf Typisches und dringt nicht zur individuellen Gestaltung vor (deshalb
auch [sächsische] Typenkomödie). Bloßgestellt
werden beispielsweise fehlgeleitete Gelehrsamkeit, Frömmelei o.
a. Mit dieser Zweckbestimmung gehört diese frühe Komödie
zum Kern der didaktisierenden Literatur der Aufklärung. Diese
Gattung ist an die Ständeklausel gebunden, sie spielt unter mittleren
oder niederen Ständen und bedient sich eines mittleren Stils. Die Texte
sind in Prosa gestaltet. Charakteristisch für die Komödie ist
immer der gute Ausgang der Handlung.
Beispielhaft ausgeführt werden Gottscheds poetologische Anweisungen
in den Komödien seiner Frau (Die
Pietisterey im Fischbein-Rocke, 1736; Der Witzling, 1745).
Die Brisanz der Typenkomödie richtet sich nach dem jeweils behandelten
Thema: das pietismuskritische Drama der Gottschedin erreicht ohne Umstände
ein Verbot durch die Zensur, andere bringen auch das gutwilligste Publikum
eher zum Gähnen.
Die plakative Gestaltung und Prosaform der Komödien heben den geringen
ästhetischen Anspruch dieser Gattung hervor. Widerspruch regt sich
dort, wo auch die >komische Muse< in höherem Ansehen steht: in
seinem Schreiben über die Komödie in Versen (1740) tritt
Schlegel für eine ästhetische Aufwertung ein. Er verstößt
damit erstens gegen die Tradition, die allein dem Trauerspiel diesen Vorzug
einräumt, außerdem gegen den Anspruch auf Nachahmung der mittleren
Stillage. Während sich niemand über die Versrede von Königen
auf der Bühne zu wundern scheint, gilt sie bei lächerlichen und
lasterhaften Personen als unangemessen. Schlegel exemplifiziert seine Position
in der Verskomödie Die stumme Schönheit (1747).
Mitte der 1740er Jahre erscheint die rührende Komödie (zeitgenössisch
auch: >weinerliche< K.) als neue, erweiterte Gattungsausprägung.
Sie richtet sich nicht an die verstandesmäßige Verurteilung und
das Überlegenheitsbewußtsein, das sich im Verlachen artikuliert,
sondern an ein eher empfindsames Mitgefühl: die Figuren sind
nicht bloß Repräsentanten eines Typus sondern haben individuellere
Eigenschaften. Es geht nicht nur darum, allein lasterhafte Züge an
Figuren darzustellen, sondern diesen auch vernünftige und wünschenswerte
Eigenschaften mitzugeben. Es entstehen >gemischte Charaktere<
(Lessing). Sie werden psychologisch und sozial ernst genommen. Daher rührt
auch die Bezeichnung ernsthafte Komödie. Die glückliche
Lösung der Konflikte bleibt als Gattungsmerkmal erhalten, doch ist
insgesamt eine Annäherung an die Prinzipien des bürgerlichen Trauerspiels
unübersehbar freilich ohne, daß immer eine scharfe Unterscheidung
von den Stilprinzipien der Typenkomödie gegeben ist. Gellert verleiht
dieser Gattungserweiterung mit seiner akademischen Rede Pro comoedia
commovente (1751) in der Poetikdiskussion Gewicht. Er verfaßt
selbst eine Reihe erfolgreicher Texte in dieser Gattung (darunter Die
Betschwester, 1745; Das Loos in der Lotterie, 1746; Die zärtlichen
Schwestern, 1747). Schlegels Vorschlag der kunstgerechten Versifizierung
wird nicht aufgegriffen, die rührende Komödie behält die
Prosasprache bei.
In Lessings Lustspielen schreitet die Gattung weiter fort. Im Frühwerk
greift er die moralisch-didaktischen Ansätze der Typenkomödie
auf, stärker aber noch römische Vorbilder (Terenz und Plautus).
Texte wie Der junge Gelehrte (1747), Der Misogyn (1748) oder
Der Freygeist (1750) sind dadurch ausgeprägter in ihren satirischen
Eigenschaften. Den Höhepunkt der Komödie der Aufklärung
und zugleich ein Werk von bleibender Bedeutung auch in der Neuzeit schafft
Lessing mit Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück (1767).
Er geht in diesem Prosaschauspiel in vielen Bereichen über das Übliche
hinaus: aktueller Zeitbezug, Zeitkritik, psychologisch abgerundete nicht
typisierte Charaktere, eine Frau, die klüger und tatkräftiger
ist als der preußische Offizier, der Rückzug beider ins private
Familienglück als guter Ausgang das sind gattungserweiternde Konstruktionsmerkmale,
die Lessing unter anderem aus seiner kritischen Reflexion der Bühnenpraxis
in Hamburg gewinnt. Entscheidend in der Figurenkonstruktion sind
hier die >gemischten Charaktere<, die nicht ganz gut und nicht ganz
böse sind: sie eignen sich für das identifikatorische Mitempfinden
des Publikums weitaus besser als die älteren schematischen Lustspielfiguren.
Grundlegende Bestimmungen und Erläuterungen zur Gattung enthalten Gottscheds Kritische Dichtkunst und Sulzers Allgemeine Theorie der schönen Künste.