2. Steuersoll

Das 1678 für die Stadt Oldenburg festgesetzte Steuersoll von 3.878 Reichstalern läßt sich mit den Kontributionsbeträgen von 1630 vergleichen. Damals (4) sollten in 23 Wochen 3.473 Reichstaler gezahlt werden, von denen 2.997 auch eingingen. Hochgerechnet auf ein Jahr, ergibt sich ein Soll von 7.852, ein Ist von 6.776 Reichstalern; das sind verteilt auf 611 Haushalte durchschnittlich rund 13 oder 11 Reichstaler jährlich. Eine entsprechende Berechnung für 1678 erbringt für 409 Haushalte einen Durchschnittsbetrag von etwas über 9 Reichstalern. Somit hielt sich die vorgesehene Steuerlast durchaus in Grenzen.
Allerdings ist beim Vergleich auch der unterschiedliche Erhebungsmodus zu beachten. Während die Kontribution von 1630 weitgehend aufgrund des Vermögens und damit nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erhoben wurde, handelte es sich 1678 hauptsächlich um eine Kopfsteuer, deren Klasseneinteilung die Leistungskraft der Streuerpflichtigen nur ganz unvollkommen berücksichtigte. Von Steuergerechtigkeit war sie mithin weiter entfernt als die Kontribution von 1630. Das gilt auch, wenn man die Steuerbefreiungen von 1678 wegen Brandschaden in Betracht zieht. Freilich wird der Charakter der Steuer bei einer Analyse des Solls ohne Ermäßigungen besonders deutlich; es setzte sich 1678 wie folgt zusammen:

Tabelle 1:Zusammensetzung des Steuersolls 1678


Es zeigt sich klar das Übergewicht der Kopfbesteuerung. Auf Vieh und Zinserträgen ruhten lediglich 11 Prozent der Last, 89 Prozent dagegen auf Personen. Die Familien hatten kumulativ rund 82 Prozent, also über vier Fünftel der Steuersumme aufzubringen. Daß dabei die Haushaltungsvorstände mit knapp 31 Prozent den höchsten Anteil erreichten, verwundert nicht. Doch gibt es zu denken, daß die Kinder mit knapp 27 Prozent an zweiter und die Ehefrauen mit 24 Prozent erst an dritter Stelle lagen. Kinder verfügten meistens über keinerlei Einkommen, was zum großen Teil auch für die Ehefrauen gilt. Die Kopfsteuer belastete also große Familien stärker als kleine, Verheiratete mehr als Ledige; sie lief damit dem Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit zumindest innerhalb der Steuerklassen zuwider und war ungerecht. Für Gesinde, Gehilfen und im Haushalt lebende Verwandte wurden zusammen rund 7 Prozent des Steuersolls angesetzt. Das war nicht bedeutend. Ähnliches gilt, wie erwähnt, für Vieh und Zinserträge, obgleich einschränkend zu bemerken ist, daß letztere an dieser Stelle nicht vollständig erfaßt wurden, weil einige Bürger ihre Kaptitalbeträge bei der Kriegskasse versteuerten.
Diese Aussagen lassen sich durch eine Kontrollrechnung mit Hilfe der Regressionsanalyse bestätigen. Setzt man den Gesamtbetrag der Steuer als abhängige Variable, die einzelnen Leistungsgrupen als unabhängige Variablen, ergeben sich folgende Korrelationskoeffizienten.

Tabelle 2: Korrelation Gesamtsteuer und Leistungsgruppen


Am höchsten korrelieren mit dem Steuersoll die Einzelbeträge für Kinder, Haushaltungsvorstände und Ehefrauen in dieser Reihenfolge; sie erreichen ernsthafte Koeffizienten r von über 0,7. Ausgedrückt im Bestimmtheitsmaß r2, können die Festsetzungen für Kinder zu 66 Prozent die Höhe der Gesamtsteuer erklären; geht man von den Haushaltungsvorständen oder den Ehefrauen aus, sind es 63 oder 52 Prozent. Die Abhängigkeit des Steuerertrages von den Veranlagungen für diese Leistungsgruppen wird damit bekräftigt. Dagegen spielten die anderen eine untergeordnete Rolle. Die Familien sollten die Hauptlast der Steuer tragen.

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