1.3 Reaktion der Stadt Oldenburg

Die Oldenburger waren empört und leisteten Widerstand. In einer Bittschrift an den König vom 2. Oktober führten Bürgermeister und Rat aus, sie hätten "mit großer hertzens besturtzung anhören müßen", wie von der Kanzel den "unterthanen eine unerträgliche schatzung angekundiget worden," die zu bezahlen "uns eine pour lautere unmüglichkeit ist." Sie nannten eine Reihe von Gründen. Der von Graf Anton Günther "ihnen auffgeburdete" Weserzoll habe den Handel geschädigt, die Pest vor einigen Jahren sie gar "aller handthierung beraubet." Sodann hätten Überschwemmungen Brücken und Stadtbefestigung beschädigt und hohe Reparaturkosten verursacht. Schließlich sei "ach, leider! leider!, vor zwey jahren der erschreckliche große brand hinzugekommen," dem 700 Häuser und 230 Hinterhäuser zum Opfer fielen nur ein Achtel der Häuser sei erhalten. Zwar habe der König "sublevation" versprochen, tatsächlich aber viel Militär einquartieren lassen und die Stadt damit belastet. Dieses Mal möge er Befreiung von der Steuer gewähren, "damit dero uhr alt väterliche stamm stadt noch etwa wieder empor kommen" könne.
Die Erfolgsaussichten scheinen Bürgermeister und Rat sehr hoch eingeschätzt zu haben, denn sie unternahmen nichts, als sie am 6. Oktober vom Kriegskommissar, Christian Burghard von Földen, die Aufforderung erhielten, angesichts des bevorstehenden ersten Termins es war der 13. Oktober mit der Veranlagung zur Steuer zu beginnen und die Verzeichnisse baldigst "in duplo" einzureichen. Ebensowenig fruchteten seine Mahnungen vom 15. und 18. Oktober, daß die Zinseinkünfte nun vor der Kriegskasse sofern gewünscht erklärt und bezahlt werden müßten. Drei Wochen später inzwischen rückte der zweite Termin am 25. November heran verlangte der Kriegskommissar von der Stadt die Vorlage der Steuerregister, nunmehr in drei Ausfertigungen, und setzte eine Frist von acht Tagen "zu verhütung militarischer abholung." Nichts geschah, so daß er am 28. November seine Drohung wiederholte, die angeforderten Verzeichnisse "vermittelst militarischer execution abholen zu laßen."
Inzwischen hatte die dänische Regierung über die Bittschrift aus Oldenburg entschieden und teilte dem Kriegskommissar am 22. Oktober mit, Brandgeschädigte seien von der Steuer zu befreien. Das Schreiben dürfte Anfang November in Oldenburg vorgelegen und zu unterschiedlicher Auslegung Anlaß gegeben haben. Jedenfalls deutet die fortdauernde Untätigkeit der Stadtverwaltung darauf hin, daß sie nur die Nichtbrandgeschädigten zur Steuer veranlagen wollte, während der Kriegskommissar offensichtlich eine vollständige Veranlagung forderte, von der dann die Brandgeschädigten auszunehmen waren. Wie die Akten zeigen, setzte er sich damit durch.
Die Stadt erstellte nun das geforderte umfassende Verzeichnis in drei Ausfertigungen, deren Erhalt und Richtigkeit von Földen am 4. Januar 1679 bestätigte, also lange nach Ablauf der gesetzten Fristen. Es bestand aus vier Teilen. Den ersten bildete die Erfassung und Veranlagung aller zur Stadt und nicht zum Hof gehörenden Haushalte, welche der nach stehenden Auswertung zugrundeliegt. Es folgte je eine Aufzählung der Nichtbrandgeschädigten sowie derjenigen Bürger (3), die ihre Zinseinkünfte in die Kriegskasse zahlten. Am Schluß stand eine Namensliste der Brandgeschädigten.
Die Veranlagung setzte für die Stadt Oldenburg ein Gesamtsoll von rund 3.878 Reichstalern fest. Davon gingen 3.347 Reichstaler als Befreiung wegen Brandschaden ab, weitere 65 Reichstaler aufgrund von 40 Einzelanträgen anderweitig unvermögender Einwohner, denen eine Prüfungskommission stattgab. Damit beliefen sich die Steuernachlässe auf insgesamt 88 Prozent des festgesetzten Solls, und nur 466 Reichstaler oder 12 Prozent des Solls blieben für den Fiskus übrig. Das war gewiß für den Steuerstaat ein mageres Ergebnis, welches aber zugleich zeigt, daß Rücksicht auf verminderte wirtschaftliche Leistungskraft der Steuerpflichtigen möglich und erreichbar war.
Das verwaltungsmäßig aufwendige Verfahren macht zudem deutlich, wie der Steuerstaat die geforderte Gleichheit der Steuerpflicht durchsetzte. Zunächst waren alle Untertanen zu registrieren und voll zu veranlagen, bevor aufgrund gebilligter Einzelanträge Steuerermäßigungen durch Abzug vom Soll durchgeführt werden konnten. Damit war nicht nur eine Gleichbehandlung der Untertanen erreicht, sondern auch eine Übersicht über ihre mögliche Steuerkraft, die sich zu einem späteren Zeitpunkt besser ausschöpfen ließ. Auch erlaubten erst diese Informationen eine genauere Planung der Staatsfinanzen.

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