1.2 Kriegssteuer 1678
Das gilt auch für den Kopf , Vieh- und Zinsschatzanschlag von 1678, den die dänische Regierung
während des Krieges mit Schweden ausschrieb. Das für die Stadt Oldenburg 1678 erstellte
Steuerregister hat dankenswerterweise Walter Schaub bereits 1974 im Bürgerbuch (1) veröffentlicht, doch wurde es bisher nur für die
Familienforschung herangezogen. Eine zusätzliche quantitative Auswertung erschien besonders
reizvoll, weil sie als Ergebnis einen sozialgeschichtlichen Querschnitt versprach, der als wertvolle
Ergänzung zur Analyse der Vermögensbeschreibung von 1630 gelten kann. Darüber hinaus
ließen sich Aufschlüsse über die Durchsetzung des Steuerstaates und der Besteuerungsmethoden
gewinnen.
Mitten im Krieg gegen Schweden, am 27. August 1678, unterzeichnete Christian V., König von
Dänemark und zugleich Graf von Oldenburg und Delmenhorst, die Steuerausschreibung für die
Stadt Oldenburg (2). Es handelte sich um eine
kombinierte Kopf , Vieh und Zinsertragssteuer. Anders als 1630, verzichtete man auf eine
umfassende Erhebung des Gesamtvermögens der Steuerpflichtigen und beließ es bei weitgehend
pauschalierten Forderungen, wahrscheinlich weil man den hohen Verwaltungsaufwand scheute
und auch die Abneigung der Bürger gegen eine Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse
respektierte. Zu den Überlegungen mag ebenfalls beigetragen haben, daß die durch den
Stadtbrand von 1676 verursachten Vermögensverluste noch nicht ausgeglichen waren.
Steuerpflichtig waren die Haushalte; ihre Vorstände hatten für alle Mitglieder die Kopfsteuer, für
das Vieh die Viehsteuer und für Zinsertrag aus gewährten Darlehen die entsprechende Abgabe zu
bezahlen. Im einzelnen setzte die Verordnung für die Kopfsteuer vier Steuerklassen fest, die sich
nach Stand und damit vermuteter wirtschaftlicher Leistungskraft richteten. In die erste Klasse
gehörten Adlige: sie zahlten für sich und ihre Frauen je 12 und für ihre Kinder je 6 Reichstaler;
für ihre höheren Bediensteten wie Hofmeister, Kammerdiener, Präzeptoren oder Schreiber je 4,
für die übrigen wie Jungen, Knechte, Mägde oder Lakaien je 2 Reichstaler. Die zweite Klasse
bildeten wohlhabende Bürger wie Bürgermeister und Ratsherren, Advokaten, Apotheker, Brauer,
Doktoren, Gewürz , Lack , Seiden und Weinhändler, andere Kaufleute, Pastoren, Pröpste,
Prokuratoren und Stadtschreiber. Sie hatten für sich und ihre Frauen je 8, für ihre Kinder je 4
Reichstaler zu entrichten; für ihre höheren Diener wie Kaufmannsgesellen, Präzeptoren oder
Schreiber je 2, für weitere Bedienstete wie Ammen, Jungen, Knechte und Mägde je 1
Reichstaler. In die dritte Klasse gehörten die anderen Bürger: Handwerker, Kaplane und
Schulmeister. Sie sollten für sich und ihre Frauen je 3, für ihre Kinder je 1 Reichstaler bezahlen;
für ihre Diener wie Jungen, Knechte oder Mägde je 36 Grote, also einen halben Reichstaler. In
die vierte und letzte Klasse kamen alle übrigen Einwohner, insbesondere Tagelöhner, die für sich
und ihre Frauen noch je 48 Grote, also zwei Drittel Reichstaler, für ihre Kinder über 10 Jahre 24
Grote und für ihre Jungen, Knechte oder Mägde ebenfalls je 24 Grote geben mußten.
Vieh wurde nach dem vermuteten Wert besteuert. Für Ochsen über vier Jahre war je 1
Reichstaler fällig, für zwei bis vierjährige je 36 Grote, für jüngere Rinder je 18 Grote. Schafe,
Schweine und Ziegen sowie Bienenstöcke galten je 6 Grote. Der Satz für Kutsch und Reitpferde
betrug 2 Reichstaler, für andere Pferde 48 Grote und für Fohlen 18 Grote. Bei der Belastung von
Zinserträgen konnte man auf Grundsätze zurückgreifen, die der deutsche Reichstag bereits im 16.
Jahrhundert beschlossen hatte und die seit langer Zeit auch in Oldenburg galten. Von
ausgeliehenem Kapital sollten zwei Prozent als Zinssteuer abgeführt werden; das entsprach einer
Einkommensbesteuerung von 40 oder 33 Prozent bei einer angenommenen Regelverzinsung von
fünf oder sechs Prozent. Ganz offensichtlich nahm die Regierung Rücksicht auf die Scheu vor
Offenlegung der Vermögen, denn sie stellte es den Steuerpflichtigen frei, entweder die
Kapitalbeträge vor dem Steuereinnehmer eidlich zu deklarieren und entsprechend zu zahlen, oder
aber den fälligen Betrag selber in eine verschlossene Kasse beim Kriegskommissar zu werfen und
dabei eidlich zu erklären, das seien zwei Prozent ihrer freien Zinsgelder. Um Hinterziehungen zu
vermeiden, sollte jedoch bei der Erhebung des Kopf und Viehschatzes jeweils vermerkt werden,
ob der Steuerpflichtige zinsbringendes Kapital habe oder nicht.
Mit der Veranlagung wurden Bürgermeister und Rat beauftragt. Jeder steuerpflichtige
Haushaltsvorstand hatte schriftlich anzugeben, "waß er von menschen undt vie in seinem hauße
hat," und dieses Verzeichnis zusammen mit dem Steuerbetrag den Einnehmern abzuliefern. Zwei
Zahlungstermine wurden angesetzt: der erste auf vier Wochen nach der Publikation, der zweite
sechs Wochen später. Die Bekanntgabe der Steuer erfolgte in der Lambertikirche am 15.
September 1678.
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